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Gamer – Die Kritik

Montag, 11. Januar 2010

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Originaltitel: Gamer
Herstellungsland: USA 2009
Regie: Mark Neveldine, Brian Taylor
Drehbuch: Mark Neveldine, Brian Taylor
Darsteller: Gerard Butler, Amber Valletta, Michael C. Hall, Kyra Sedgwick, Alison Lohman, John Leguizamo, Logan Lerman

Eines gleich vorweg: „Gamer“, der neueste Streich der „Crank“-Macher Nevedine und Taylor ist streng genommen gar kein Film, sondern ein als Film getarntes Computerspiel. Ducken, umdrehen, schießen. Wumms, bumms, krach. Alles an diesem Streifen – die Gestaltung, der Sound, die Dynamik, die Kameraführung - ist mit größter Präzision darauf ausgerichtet, die Xbox- und Playstation-Vernarrten anzusprechen.

Da stellt sich nur eine Frage: Warum sollte sich das aus gehemmten Jungendlichen und geistig in der Pubertät stecken gebliebenen Männern bestehende Zielpublikum die Mühe machen, ins Kino zu pilgern, um sich eine nicht interaktive Version dessen anzusehen, was sie sowieso schon zu Hause haben?copyrightjps2010_2

Eigentlich drängen sich noch ein paar weitere Fragen auf: Besteht eine Chance, das Eintrittsgeld zurückzubekommen? Warum nur habe ich mir von diesem hirnlosen Getöse neunzig Minuten meines Lebens stehlen lassen? Worum geht es in „Gamer“?

gamer_gerardbutler_ambervalletta_photo_03 Die Prämisse ist einfach und wenig originell, was vor allem daran liegt, dass man sich diesbezüglich schamlos bei Paul Andersons „Death Race“ aus dem Jahr 2008 bedient hat. Gerard Butler spielt Kable, einen zum Tode verurteilten Sträfling, dem die Möglichkeit geboten wird, der Hinrichtung zu entgehen, falls er sich dazu bereit erklärt, sich einen Chip implantieren zu lassen, um als Avatar in dem interaktiven und ultrabrutalen Todesspiel „Slayers“ mitzuwirken. Darin steuern private User vom heimischen Computer aus diverse Sträflinge, die mit den neuesten Hightech-Waffen ums Überleben kämpfen, wobei dem siegreichen Kämpfer die Freiheit winkt.

Kable ist also im Wesentlichen ein digitaler Sklave. Gesteuert von dem spielverrückten Teenager Simon (Logan Lerman), gelingt es ihm, alle Konkurrenten ins Jenseits zu befördern. Nach diesem Erfolg freut er sich nur noch darauf, endlich aus dem Gefängnis entlassen zu werden und seine Frau Angie (Amber Valletta) wieder in die Arme schließen zu können. Diese verdingt sich während seiner Abwesenheit in dem Online-Spiel „Society“ als Sexsklavin eines fettleibigen Users, um den Unterhalt für die gemeinsame Tochter zu beschaffen.

GAME Gerade noch rechtzeitig erkennt Kable, dass er hintergangen wurde, denn nicht nur Simon spielt mit ihm, sondern, was viel schlimmer ist, auch der Erfinder des Spiels, der Milliardär Ken Castle (Michael C. Hall, bekannt aus den Fernsehserien „Six Feet Under“ und „Dexter“). Castle überträgt „Slayers“ live in alle Welt und sieht ihn als kommenden Superstar und möchte ihn deshalb weiterkämpfen lassen.

Und so handelt der Film, genau wie „Death Race“, von seinen Versuchen, in die Realität zu entkommen, wobei er Unterstützung von einer Untergrundorganisation erhält. In „Death Race“ verstand es Jason Statham, seinem Helden so etwas wie stille Würde zu verleihen, genau dass, was diese Rolle erfordert. Hier bekommen wir Gerard Butler zu sehen: ein ums andere Mal als muskelbepackter harter Kerl besetzt, ob in „300“ oder „Gesetz der Rache“, verfügt er über die Ausstrahlung eines Mistkübels und die Mimik einer Betonwand. Außerdem macht der gute Mann beim Sprechen den Mund immer nur seitlich ein bisschen auf – hat er etwa angst, seine Zähne könnten herausfallen? So stapft und rollt und springt er emotionslos und ohne den geringsten Anflug von Charme durch die Action-Sequenzen und kotzt ab und zu dümmliche Dialoge aus.

Die anderen Darsteller sind nicht viel besser. John Leguizamos Rolle erfordert von ihm wenig mehr, als blödsinnig herumzuquatschen und seine verrottenden gamermoviephoto-6 Zähne zu blecken. Michael C. Hall grinst hämisch, blickt lüstern und fragt Kyra Sedgwick (die eine Talkshow-Moderatorin gibt und, nebenbei bemerkt, fehlbesetzt wirkt), ob er „ihre Firewall überwinden darf“. (oder so ähnlich zu dem  Zeitpunkt war ich schon am Einnicken). Amber Valletta ist hübsch anzusehen, aber im Wesentlichen beschränkt sich ihre schauspielerische Leistung darauf, leicht bekleidet herumzustehen beziehungsweise zu laufen. Der bekannte Rapper Ludacris ist offensichtlich nur mit von der Partie, weil man einen „Quoten-Schwarzen“ (Zitat aus „Nicht noch ein Teenie-Film“) gebraucht hat, um auch die farbige Jugend für dieses Produkt interessieren zu können.

„Gamer“ bedient sich bei so gut wie jedem anderen futuristischen, science-fiction-angehauchten Film, der in den letzten Jahren aus Hollywood gekommen ist – „Matrix“, „Speed Racer“, „Crank“, „Death Race“ – und versucht sogar zeitweise, sich als Mediensatire und Parabel auf das Überhandnehmen des „virtuellen Lebens“ zu verkaufen.

Die meiste Zeit über ist „Gamer“ nicht mehr als eine halbgare Mischung aus lesbischem Getue, schrecklichen Rock-Versionen von Songs der Eurythmics und Hochgeschwindigkeits-Actionszenen, die es jedoch kaum schaffen, den Zuschauer wirklich mitzureißen.

Der einzig gelungene Aspekt des Films ist die farblich-ästhetische Gestaltung der Computerspielwelten. „Society“, deren Bewohner in grelle Kostüme gehüllt sind oder aber pseudo-60-Jahre-Gewand, hat einen gewissen psychedelischen  Charme. Die Welt von „Slayers“ und auch die des Gefängnisses ist auf ganz wenige Farben, zumeist weiß und verschiedene Graustufen, reduziert und erstere erweckt den Eindruck einer postapokalyptischen Wüste.

Gamer movie image (4) Letztlich existiert „Gamer“ nur aus einem einzigen Grund: um extrem laute und hektisch geschnittene Videospielgewalt mit sexistischem Unterton zu zelebrieren.

Fazit: Neveldine und Taylors Film möchte eine neue und aufregende Stufe in der Zusammenführung von Kino und Videospielen repräsentieren, scheitert dabei aber kläglich. Im Endeffekt wird „Gamer“ weder Freunden des Actionfilms noch begeisterten Videogamern gefallen. Viel Lärm um nichts.

 

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