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Mitternachtszirkus – Willkommen in der Welt der Vampire

Samstag, 16. Januar 2010

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Originaltitel: Cirque du Freak: The Vampire´s Assistant
Herstellungsland: USA 2009
Regie: Paul Weitz
Drehbuch: Paul Weitz, Brian Helgeland (basierend auf der „Cirque du Freak“-Buchreihe von Darren Shan)
Darsteller: John C. Reilly, Ken Watanabe, Chris Massoglia, Josh Hutcherson, Patrick Fugit, Willem Dafoe, Salma Hayek

Seit der erste „HarryPotter“-Film in die Kinos kam, betätigen sich die Studiomanager als Alchemisten und versuchen krampfhaft, Blei in Gold zu verwandeln. Oder zumindest aus Romanzyklen, die für ein überwiegend jugendliches Publikum geschrieben wurden, erfolgreiche Filmserien zu machen.

Bislang waren diese Bemühungen nicht sonderlich erfolgreich – und nicht schön anzusehen. „Der goldene Kompass“,Eragon“, „Lemony Snicket – Rätselhafte Ereignisse“, „Tintenherz“, etc., lassen grüßen. In den vergangenen Jahren kamen etliche Filmen in die Kinos, die Erfolg versprechende neue Serien einläuten sollten, aber aufgrund mangelnder Qualität zum Sargnagel dieser Ambitionen wurden.

„Mitternachtszirkus – Willkommen in der Welt der Vampire“ ist der neueste in dieser Reihe gescheiterter Versuche. Der Film basiert auf den ersten drei Teilen der weitschweifigen, 12 Bände umfassenden Kinderbuchreihe von Darren Shan und erzählt die Geschichte eines typischen einsamen16-jährigen Jungen, der gute Noten bekommt, kein Interesse an Akten jugendlicher Rebellion hat und - nur ein Zufall? - auf den Namen Darren Shan hört.

Eines Tages kommt ein seltsamer Zirkus in die Stadt (Einsetzen unheil verheißender Musik) setzt ein), den Darren (Chris Massoglia) und sein bester Freund, der kleine Unruhestifter Steve (Josh Hutcherson), unbedingt sehen wollen. Obwohl ihnen die Eltern den Besuch verboten haben, gehen die beiden am Abend hin, um sich die Freakshow anzusehen. Um eingelassen zu werden behaupten sie kurzerhand, sie wären schon 21. Drinnen bekommen sie eine (L-R) Patrick Fugit and Director/Producer/Writer Paul Weitz on the set of Cirque du Freak: The Vampire's Assistant. Reihe interessanter und entsprechend abstoßender Gestalten zu sehen, unter anderem den „Snake Boy“ (Patrick Fugit), der nur unter einem schlimmen Fall von grüner Psoriasis zu leiden scheint, oder die sensationelle Corma Limbs (Jane Krakowski), die ganze Körperteile nachwachsen lassen kann, eine Fähigkeit von großem Nutzen, wenn ein wütender Werwolf in der Nähe ist. Aber die wirkliche Entdeckung in dieser Nacht ist der Magier Larten Crepsley (John C. Reilly) mit seiner rot und blau gefärbten giftigen Spinne Octa, die zwinkert, beißt, herumhüpft und alles versucht, um todbringend auszusehen.

Mehr oder weniger überraschend stellt sich heraus, dass Darren Spinnen mag und Steve eine Leidenschaft für Vampire hat und felsenfest davon überzeugt ist, in Crepsley einen dieser Blutsauger erkannt zu haben. Kurz darauf überschlagen  sich die Ereignisse: Octa wird entführt, Steve wird von ihr gebissen und nach ein paar DNA-Tests, die ein widerwärtiger fetter Mann namens Mr. Tiny (Michael Cerveris) vornimmt, steht Darren vor einer schwierigen Entscheidung: Soll er seiner Familie seinen Tod vortäuschen und zum Halbvampir werden, um das Antiserum für seinen Freund beschaffen zu können? Die Antwort, liebe Freunde, lautet ja, das Schicksal scheint Darren einen schnellen Tod und ein sehr langes Leben bescheren zu wollen. Aber das ist noch nicht alles: Ehe man sich versieht, werden beide Jungen zu Blutsaugern.

Blutsauger auf verschiedenen Seiten eines seit langem währenden Vampirkrieges.

„Mitternachtszirkus“ handelt von typischen Teenagerproblemen: Wer bin ich? Was soll aus mir werden? Warum fühle ich mich wie ein Außenseiter, ein Freak? Und so weiter. Auch die erste Liebe spielt mit hinein, vor allem, weil das Affenmädchen (Jessica Carlson) gar so sexy ist, und das Auseinanderbrechen einer bewehrten Freundschaft.

Weitz hat normalerweise ein gutes Händchen für Geschichten, die vom Erwachsenwerden handeln, hat er doch unter anderem „About a Boy“ mit viel Sinn für Mitgefühl und Humor inszeniert, doch in „Mitternachtszirkus“ ist davon leider wenig zu bemerken.

Die Buchreihe von Darren Shan ist sehr beliebt, doch die Gründe, warum sie so mitternachtszirkus-7 viel Anklang findet, scheinen Regisseur und Co-Autor Paul Weitz entgangen zu sein. Der Film ist nur mäßig unterhaltsam, und auch von Magie und Zirkusflair ist wenig zu bemerken. Das schlimmste jedoch ist, dass sich beim Zuschauer nie das Gefühl einstellt, dass für die Figuren viel auf dem Spiel steht. „Mitternachtszirkus“ ist nicht mehr als eine Ansammlung von Computereffekten, zwischen denen fröhlich übertreibende Schauspieler ihre Show abziehen.

Wenigstens sind einige interessante Darsteller darunter. Während die „Harry Potter“-Filme zu einer regelmäßigen Einkommensquelle für die besten britischen Bühnenschauspieler geworden sind, wartet „Mitternachtszirkus“ immerhin mit einer Reihe amerikanischer Theaterveteranen und Stars der Independent-Szene auf. John C. Reilly, Willem Dafoe und Michael Cerveris sind hier mit von der Partie, wen auch nur, um herumzustolzieren und Text auszuspeien.

Leider hat der Regisseur nicht den richtigen Ton für diesen Stoff getroffen, alles ist ein wenig zu übertrieben und zu grell geraten. Reilly, der zumeist etwas einfältige, aber herzensgute Durchschnittskerle verkörpert, kann nie auch nur ansatzweise als weiser und uralter Vampir überzeugen. (Es ist fast so, als würde William Petersen Graf Dracula spielen.) Cerveris outriert dermaßen, dass es eine wahre Freude ist. Die meisten anderen Darsteller, darunter Salma Hayek als vollbusige bärtige Dame, haben wenig zu tun.

Die beiden jugendlichen Hauptdarsteller, Massoglia und Hutcherson, sind selbstverständlich viel öfter zu sehen. Doch wer will das schon? Massoglia ist eher langweilig und man vergisst ihn, sobald er aus dem Bild verschwindet, Hutcherson deutet immer schon vorher an, in welche Emotion er ausbrechen wird. Die beiden wären in einem Disney-Film besser aufgehoben. Was eine erbitterte Feindschaft bis aufs Blut sein soll, kommt herüber wie eine Sitcom: „Darren und Steve – Ihre Abenteuer als Untote“.

mitternachtszirkus_willkommen_in_der_welt_der_vampire_bild_11 Salma Hayek ist immer eine Augenweide, selbst in diesen Ungetümen von Kostümen. Willem Dafoe geht mit der von ihm gewohnten Intensität an seine Rolle heran, hat aber nur zwei sehr kurze Auftritte. Einige der Monster machen richtig Spaß, unter anderem der schuppige Snake Boy, der eigentlich Rockstar werden möchte. Aber dem Film ist seine Funktion als Einführung in eine unbekannte Welt, deren Geheimnisse erst später enthüllt werden sollen, allzu deutlich anzumerken. Viele Figuren werden nur kurz vorgestellt, weil sie irgendwann einmal wichtige Funktionen bekommen sollen, die tatsächliche Handlung und die Hintergründe kann man lediglich erahnen.

Was eine wirklich magische Welt im Stile von Ray Bradbury hätte werden können, angefüllt mit mitternächtlichen Zirkusshows, von zu Hause weglaufenden Jungen, und faustischem Geschacher um Seelen, verkommt zu zahmen, mit seichten Späßen aufgelockertem Kindeschreck-Horror. Und was zum Startschuss einer neuen Fantasy-Serie für Teenager hätte werden können, wirkt wie ein weiteres erstes – und zugleich letztes –Kapitel.

Fazit: Paul Weitz hat es nicht verstanden, den Charme der Bücher auf die Leinwand zu übertragen. „Mitternachtszirkus – Willkommen in der Welt der Vampire“ wirkt nicht wie ein ganzer Film, sondern wie ein überlanger Pilot zu einer Fernsehserie. Viele Figuren werden eingeführt, nur um wieder zu verschwinden, viel wird angedeutet, aber wenig erklärt. Die Darsteller scheinen mangels Handlung nicht zu wissen, was sie tun sollen, weshalb viele von ihnen hemmungslos übertreiben, andere nur herumstehen.

„Mitternachtszirkus“ ist ein Vampirfilm ohne Biss – und ungefähr so interessant wie ein Western ohne Pistolen und Gewehre.

 

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