Eher Videospiel als Actionfilm
Originaltitel: Sucker Punch
Herstellungsland: USA 2011
Regie: Zack Snyder
Drehbuch: Zack Snyder und Steve Shibuya nach einer Story von Zack Snyder
Darsteller: Emily Browning, Abbie Cornish, Jenna Malone, Vanessa Hudgens, Jamie Chung, Carla Gugino, Oscar Isaac, Jon Hamm, Scott Glenn, Gerard Plunkett
Mit „Sucker Punch“ möchte Zack Snyder in die Oberliga aufsteigen. Was, waren die Erfolge von „300“ und „Watchmen“ nicht genug? Nicht wenn er ein Showman/Auteur wie Christopher Nolan oder Quentin Tarantino sein möchte.
Leider ist seinem Versuch kein Glück beschieden, aber wenigstens hat er es versucht. Es ist das erste Mal, dass Snyder ein eigenes Drehbuch – gemeinsam mit Steve Shibuya geschrieben – verfilmt, doch hier fangen die Probleme bereits an, denn es ist ein überraschend freudloses Gemisch aus allen möglichen und unmöglichen Fanboy-Phantasien, die im Gehirn seines Schöpfers herumschwirren.
„Sucker Punch“ erzählt die Geschichte von Baby Doll (Emily Browning), einer jungen Frau, die kurz nach dem Tod ihrer Mutter von ihrem hinterhältigen und schmierigen Stiefvater (Gerard Plunkett) in eine Irrenanstalt abgeschoben wird, weil sie versehentlich ihre kleine Schwester erschossen hat. Dumm gelaufen. Ihr bleiben fünf Tage, bis an ihr eine Lobotomie vorgenommen werden soll, eine Vorstellung, die sie - verständlicherweise - so traumatisiert, dass sie sich in eine Phantasiewelt flüchtet, in der aus der Psychiatrie eine Art MTV-Bordell ohne Nacktheit und Sex wird, in dem sich leicht bekleidete Mädchen zu Coverversionen von Hits aus den 60-er, 70-er, und 80-er Jahren (seltsam, da der Film angeblich in den 1950-ern spielt) mehr oder weniger erotisch bewegen, wenn sie nicht gerade ihre Flucht planen. Dr. Gorski (Carla Gugino) mutiert zur Puffmutter und der böse Pfleger Blue (Oscar Isaac) gibt den sadistischen Zuhälter. Als die Dinge dort ebenfalls zu aufreibend werden, stürzt sich Baby Doll in einen weiteren Level von Fantasy-Action-Szenarien, die im mittelalterlichen Japan, in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs, im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs und sogar im Weltraum spielen.
Ja, es stimmt: „Sucker Punch“ ist „Inception“ für Dummköpfe.
Aber was hat Snyder nicht alles in diesen Eintopf hineingetan? Die überinszenierten Action-Szenen stecken„Sailer Moon“, „Sin City“ und „Kill Bill“ zusammen wie Lego-Steine. Der interessanteste visuelle Einfall ist der riesige, zweibeinige Panzer mit einem fröhlichen Häschengesicht, doch wenn Sie den Trailer gesehen haben, dann kennen Sie ihn schon. Hier haben wir es mit einem jener seltenen Filme zu tun, die kaum mehr bieten, als auf dem Poster zu sehen ist.
„Sucker Punch“ ähnelt, wie zuvor auch schon „300“, eher einem überdrehten Videospiel oder einem zwei Stunden langen Werbespot als einem Spielfilm. So mähen die fünf jungen Damen in den Action-Sequenzen unzählige Gegner nieder, um am Ende ein Artefakt in ihren Besitz zu bringen, üblicherweise nach dem Sieg über einen Boss. Dann geht es zurück ins Bordell für eine Zwischensequenz. Der Soundtrack strotzt nur so vor „Moulin Rouge“-artigen Neuinterpretationen von Klassikern der Stooges, von Roxy Music, Queen und Björk. Die Kinematographie filtert so gut wie alle Farben aus dem Film heraus, sodass letztlich nur ein widerlicher, grün-bräunlicher metallischer Glanz übrig bleibt. Trotz seines Getöses und seines rasend schnellen Stils ist „Sucker Punch“ ein recht eintöniger, langweiliger Film.
Irgendwo unter all dem Getue und dem stilistischen Durcheinander steckt ein subversiver Frauen-im-Gefängnis-Film und es ist eine Schande, dass er mit dieser Besetzung nicht realisiert wurde, denn die jungen Damen wirken durchaus einsatzfreudig, wenn auch manche (Abbie Cornish als Sweet Pea und Jamie Chung als Amber) recht farblos bleiben. Vanessa Hudgens hat sich ihre Flucht vom Planeten Disney sicher auch anders vorgestellt. Die attraktiven Powergirls hätten durchaus das Zeug zu Kult-Actionstars gehabt.
Stattdessen steckt Snyder sie in Fetzen, die aussehen, als wären sie bei Victoria´s Secret aussortiert worden, drückt ihnen übergroße Waffen in die Hände und vergisst dabei ganz darauf, sie Spaß haben zu lassen. Er mag zwar jede Menge Trash-Kultur aufgesaugt haben, doch anscheinend hat man verabsäumt, den Regisseur mit Russ Meyers „Faster, Pussycat, Kill, Kill!“ bekannt zu machen. Diese Damen wussten wirklich, wie man sich durchsetzt.
Fazit: Dieses grelle Spektakel wirkt, als hätte „Scott Pilgrim“ seinen Sinn für Humor auf einem „Shutter Island“ voller junger Frauen in Reizwäsche verloren. Kurz, ein Film für Leute, die nur ins Kino gehen, um sich berieseln zu lassen.
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