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James Cameron´s Avatar

Samstag, 19. Dezember 2009

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Originaltitel: Avatar
Herstellungsland: USA 2009
Regie: James Cameron 
Drehbuch: James Cameron 
Darsteller: Sam Worthington, Zoe Saldana, Sigourney Weaver, Stephen Lang, Michelle Rodriguez, Giovanni Ribisi

„Avatar“ zählt zu den Filmen, die einen wie „Jurassic Park“ und „Independence Day“ beim ersten Mal durch ihre tollen Spezialeffekte und die Fülle an „Das-haben-Sie-bisher-noch-nicht-gesehen“-Momenten in ihren Bann ziehen, was wahrscheinlich auch der Grund dafür ist, dass so viele überschwängliche Kritiken zu lesen sind. Sind dann erst einmal ein paar Monate ins Land gezogen, finden dieselben Kritiker plötzlich (meist anlässlich der Veröffentlichung auf DVD und Blu-Ray) allerhand an den zuvor so hoch gelobten Streifen auszusetzen. Deshalb ist es schwierig, diese Art von Megaspektakelfilmen gleich abschließend zu bewerten.copyrightjps

James Cameron, der selbsternannte „König der Welt“, bringt 12 Jahre nach dem Reisenerfolg von „Titanic“ ein neues Werk von mindestens ebenso epochaler Größe auf die Leinwand das je nach Quelle zwischen $300 und 400 Millionen verschlungen haben soll. Diesmal erschafft er statt eines Ozeanriesen einen blauen Planeten, auf dem der US Marine Jake Sully (Sam Worthington, bekannt aus „Terminator 4“) von den Einheimischen adoptiert wird. Diese Bewohner von Pandora sehen ungefähr aus wie Mitglieder der Blue Man Group nach einigen Monaten in der Kraftkammer, ebenso wie Jake, nachdem er ihre Gestalt annimmt – genauer gesagt sein Avatar. Die Effekte, die hierbei zur Anwendung kommen, sind so fortschrittlich, dass James Cameron 15 Jahre warten musste, bevor seine Visionen endlich Wirklichkeit werden konnten. Leider ist das Drehbuch bei weitem nicht so fortschrittlich und visionär wie das Design und die Effekte. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, James Cameron hätte das Schreiben einem anderen überlassen. „Avatar“ hätte „Der mit dem Wolf tanzt“ auf Speed werden können, so ist nur ein Trip aus guten alten Hippietagen herausgekommen. Versponnen, spektakulär, aber bei weitem nicht so tiefschürfend, wie uns James Cameron glauben machen will.

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Die einheimische Bevölkerung des erdähnlichen Mondes Pandora – die Na´vi – leben im Einklang mit der Natur. Cameron gönnt uns einen Überflug über das üppige, tropisch anmutende Paradies, während Jake über das vor ihm liegende Abenteuer nachsinnt. Nach dem Tod seines Bruders wird Jake zu den Marines geholt, um an einer Mission teilzunehmen, deren Ziel es ist, die Eingeborenen für die anliegen der Menschen zu erwärmen. Er wurde gewählt, da seine DANN mit der des von Gentechnikern speziell für diesen Zweck geschaffenen Avatars nahezu vollkommen übereinstimmt. Ein besonderer Anreiz für Jake, der von der Hüfte abwärts gelähmt ist, ist die Aussicht, wieder auf zwei Beinen stehen zu können. Das ist auch gut so, denn er fühlt sich zu Neytiri hingezogen, einer Art amazonischer Kriegerprinzessin, die von Zoe Saldana (Uhura aus Star Trek) verkörpert wird. Es ist eine stürmische und zugleich sehr gewöhnliche Liebesgeschichte, die sich da entspinnt.

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Auf der anderen Seite ist Jake hin und her gerissen zwischen dem scharfäugigen und finsterne Colonel Miles Quaritch (Stephen Lang) und der Biologin Grace Augustine. Sigourney Weaver spielt die Naturwissenschafterin mehr als zwei Jahrzehnte, nachdem sie mit James Cameron „Aliens“ gedreht hat, nur dass sie diesmal freundlich zu den Nicht-Menschen ist. Ihr Ziel ist es, einen gemeinsamen Gen- und Ressourcenpool der beiden Rassen zu schaffen, anstatt Pandora zum Wohle der Menschen auszubeuten. Als Jake die Lebensweise der Na´vi besser kennenlernt, freundet er sich nach und nach immer mehr mit ihrer Sichtweise der Dinge an. Aber „Avatar“ ist zumindest ebenso sehr ein Film über James Camerons Liebe zu der Welt, die er im Laufe von eineinhalb Jahrzehnten erträumt und nun zum Großteil auf dem Computer kreiert hat. Die schwebenden Berge und die in neonfarben erstrahlenden Pflanzen sind ja wirklich schön, besonders des Nachts, wenn Fauna und Flora die Strahlen des nahen Gasplaneten auffangen und der Regenwald wie eine Lavalampe leuchtet.

avatar_pandora_flora Diese prachtvolle Szenerie, bis hin zu den an Löwenzahn erinnernden Saathülsen, die ständig zwischen den Bäumen herum schweben, wurde mit einer an Besessenheit grenzenden Liebe zum Detail gestaltet und ist der eigentliche Star des Films. Allerdings ist der 3 D-Effekt gänzlich überflüssig, und die Technik, mit der die Darsteller aufgenommen und eingepasst wurden, um die Menschlichkeit der Darstellung und die Emotionen zu erhalten, kann nicht so recht überzeugen. James Cameron und die Leute von Weta Digital, die ja bekanntlich auch für die digitale Bearbeitung der „Herr der Ringe“-Filme verantwortlich zeichneten, haben es immerhin geschafft, von dem gespenstischen Zombielook (zu sehen etwa in „Der Polarexpress“) wegzukommen, und sind in der Lage, in Großaufnahmen die kleinsten Bewegungen des Auges nachzuahmen. Aber noch keine Technologie hat es vermocht, das wiederzugeben, was sich dahinter abspielt: die Seele. Und an Seele mangelt es diesem Film, seinem ganzen New-Age-Getue zum Trotz. Und dabei geht es nicht nur um die Augen…

Während „Avatar“ mit 3 D-Effekten auftrumpft, ist das dazugehörende Drehbuch schlicht zweidimensional. Colonel Quaritch hätte aus eine Marvel Comic auf die Leinwand spazieren können, so wie er da angesichts des bevorstehenden Krieges sabbert; fehlte nur noch, dass er eine Zigarre in den Mund steckt und den eingeborenen „Baumliebhabern“ den Rauch ins Gesicht bläst. Sigourney Weaver schafft es, ihrer Figur etwas Leben einzuhauchen, aber die Nebendarsteller verkörpern fast ausschließlich Stereotypen. Michelle Rodriguez etwa gibt G.I. Jane, während Giovanni Ribisi als schleimiger Großkonzernheini sträflich unterfordert ist. Die Dialoge sind von furchterregender Banalität und das umweltfreundliche Mäntelchen, das sich James Cameron so gerne überstreift, fühlt sich wie ein billiges Gimmick an, sobald Jake sich in Braveheart verwandelt und den eingeborenen Na´vi erklärt, dass die beste Methode, ihren Lebensraum zu erhalten, darin besteht, zu TÖTEN-TÖTEN-TÖTEN! Und dann geht es auch schon los mit den Explosionen, denn wer schert sich in so einem Moment schon um den CO2-Ausstoß?! „Avatar“ ist nicht nur geistig ziemlich ermüdend, das Sitzfleisch wird ebenfalls reichlich strapaziert. Mit fast drei Stunden Spieldauer ist der Film einfach zu lang, auch wirkt die Liebesgeschichte irgendwie aufgesetzt, fast wie nachträglich eingebaut. Andererseits, um tatsächlich in eine andere Welt eintauchen zu können, müssten sie schon sehr weit fliegen.

Fazit: Ein Effekt-Spektakel mit dramaturgischen Schwächen und aufgesetzter Moral, das nicht wirklich zu überzeugen vermag. Der Lärm der Explosionen und die schöne grün-blaue 3- D-Welt reichen nicht aus, die Spannung aufrecht zu erhalten. Ähnlich wie bei Oliver Stones „Alexander“-Film ist die Begeisterung für sein Thema mit dem Regisseur durchgegangen und hat einen potenziell guten Streifen in ein gigantomanisches Schauspiel ohne Seele verwandelt. Nicht alles, was lange wärt, wird auch wirklich gut…

 

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