Lassen sie uns ein kleines Spiel spielen. Stellen Sie sich „Avatar“ vor. Stellen Sie sich alles vor, was Ihnen an „Avatar“ gefallen hat. Und jetzt lassen Sie das ganze 3D weg.
Jetzt denken Sie sich die atemberaubenden visuellen Effekte weg. Nun denken Sie sich die Schauspieler weg, die anrührende Filmmusik, die State-Of-The-Art-Technik und das Spektakel einer vollständig realisierten unbekannten Welt, die so detailliert und liebreizend erscheint, dass man sich insgeheim wünscht, dorthin zu ziehen. Übrig bleibt eine ziemlich banale Umwelt-Geschichte über einen schlanken blauen Jesus, der auf einem Pterodactylus herumfliegt und Sex mit Außerirdischen mit seltsamen Tentakeln hat.
Oder die Vorgeschichte zu „Avatar“, die James Cameron in Romanform veröffentlichen möchte. Welche, spielt keine Rolle; beides hört sich gleichermaßen dämlich an.
Es besteht kein Zweifel, dass „Avatar“ die Regeln des Kinos verändert hat. In naher Zukunft werden wir mit hunderten von Filmen bombardiert werden, die sich verschiedener Elemente von „Avatar“ bedienen und sie als eigene Leistung ausgeben. Wahrscheinlich werden wir weitere Filme sehen, die auf digitale 3D-Effekte setzen. Oder wir werden mehr Filme sehen, die auf die Motion-Capture-Technologie setzen. Oder vielleicht werden wir erleben, dass Filmemacher immer weniger mit Schauspielern aus Fleisch und Blut arbeiten. Wer weiß?
Aber ich hoffe – ich hoffe wirklich aus tiefstem Herzen -, dass „Avatar“ andere Regisseure dahingehend beeinflusst, dass sie, sobald sie einen Film fertiggestellt haben, sofort nach Hause stürzen und einen aufgeblasenen, schlecht durchdachten, völlig überflüssigen 900 Seiten langen Roman über die Welt schreiben, die sie entworfen haben. Denn James Cameron hat sich entschieden, genau das mit „Avatar“ zu tun. MTV behauptet das, und überhaupt:
„Jim wird den Roman selbst schreiben“, erklärte uns James Landau, der Produzent des Films. „Jim möchte einen Roman schreiben, der eine große, epische Geschichte erzählt, die vieles klarer macht…er würde viel detaillierter über all die Geschichten berichten, die wir aus Zeitgründen nicht genauer erläutern konnten – wie etwa die Schule und Sigourney [Weavers Figur], die an der Schule unterrichtet; Jakes Leben auf der Erde und seine Vorgeschichte und wie er hierher kam.
Oh je, warum nicht gleich eine Szene einbauen, in der Colonel Quaritch Jake beim Abtrocknen nach dem Duschen überrascht und die beiden miteinander zu den Klängen von „I Want To Know What Love Is“ Sex haben, während sie auf einem regenbogenfarbenen Einhorn reiten? Schließlich, wenn James Cameron der Ansicht ist, nach Fanmanier über „Avatar“ schreiben zu müssen, dann sollte er das Thema wenigstens konsequent ausreizen.
Ernsthaft, James. Genug ist genug. Du hast bereits einen Dreistundenfilm über die Welt von „Avatar“ gemacht. Wir brauchen nicht auch noch ein Buch, das allfällige Lücken schließt. Lerne Dich selbst zu beschränken. Denn weißt Du, nach wem Du Dich schön langsam anhörst? Nach George Lucas. Sobald Du anfängst, Bücher zu schreiben und über mögliche Fortsetzungen nachzudenken, wirst Du nicht mehr aufhören können. Du wirst ohne Rücksicht auf Sinn und Qualität „Avatar“-Spin-offs und Trickfilme und Weihnachts-Specials und seltsame, von Discomusik inspirierte Musicals mit Donny und Marie Osmond herausbringen.
Und weißt du, wie das Ganze enden wird? Mit einem fürchterlichen „Avatar“-Prequel, in dem es vor allem um Handelsabkommen und Lobbying innerhalb der Bürokratie von Pandora geht. Oder noch schlimmer, Du könntest Dir am Ende einen Bart wachsen lassen und dich weigern, etwas anderes als karierte Hemden zu tragen, bis irgendwann Dein Hals verschwindet. Ehrlich, James. Lass das mit dem Schreiben, so lange Du noch kannst.
0 comments
Kommentar veröffentlichen