Laute, unflätige und unausgewogene Superheldenparodie mit reichlich Action
Originaltitel: Kick-Ass
Herstellungsland: USA 2010
Regie: Matthew Vaughn
Drehbuch: Jane Goldman, Matthew Vaughn, basierend auf dem Comic von Mark Millar und John Romita Jr.
Darsteller: Aaron Johnson, Christopher Mintz-Plasse, Chloe Grace Moretz, Nicolas Cage, Elizabeth McGovern, Mark Strong, Yancy Butler
„Kick-Ass“, basierend auf dem Comicbuch von Mark Millar und John Romita Jr., erzählt die Geschichte eines äußerst durchschnittlichen Jugendlichen, der davon träumt, ein maskierter Superheld zu werden.
„Wie kommt es, dass noch nie jemand versucht hat, ein Superheld zu sein?“ fragt Dave Lizewski (Aaron Johnson), ein schlaksiger junger Mann, dessen Beschäftigung im wirklichen Leben vor allem darin besteht, mit gleichgesinnten introvertierten Jungen im lokalen Comicbuch/Coffee-Shop abzuhängen.
Dave bestellt ein Kostüm, natürlich übers Internet, rüstet sich mit Kampfstäben aus und durchstreift die Straßen, um als Kick-Ass Kriminelle zu bekämpfen – nicht so sehr, weil er edelmütig, sondern vor allem, weil er jung, unwissend und gelangweilt ist.
Die Leser und Seher von „Watchmen“ längst wissen, ist Verbrechensbekämpfung ziemlich schwierig, wenn diejenigen, die sie betreiben, über keinerlei Superkräfte verfügen. (Und behaupten sie ja nicht, Bruce Waynes enormer Reichtum sei keine Superkraft – besonders in diesen ökonomisch angespannten Zeiten.)
Sie werden vielleicht bemerkt haben, dass „Kick-Ass“ erst ab 16 Jahren freigegeben ist. Und zwar zu recht.
Die Prämisse klingt unschuldig (und bekannt) genug, aber der Film ist mindestens ebenso sehr den profanen popkulturellen Scherzen eines Kevin Smith und der stilisierten Gewalt eines Quentin Tarantino verpflichtet wie den klassischen Comics von Jack Kirby oder Stan Lee.
Das Schandmaul von Hit-Girl (Chloe Grace Moretz), einem elfjährigen Wunderkind, wird nur von ihrer Leidenschaft für das kreative Töten von Straßenganoven übertroffen.
Sie wurde von ihrem Vater (Nicolas Cage), einem verbitterten Ex-Polizisten, der einen unversöhnlichen Groll gegen den Mafioso (Mark Strong) hegt, den er für den Tod seiner Ehefrau verantwortlich macht, dazu erzogen, Hohlmantelgeschoße süßen Puppen vorzuziehen. (Dafür, dass das Mädchen ständig Kraftausdrücke gebraucht, gibt es keine Erklärung, denn ihr Vater ist zumeist sehr höflich; wahrscheinlich hat sie diese Unsitte bei der Lektüre von Comicbüchern aufgeschnappt.)
Die genretypische Eskalation beginnt, nachdem Kick-Ass vor laufender Kamera ein verbrechen vereitelt und zum Internet-Phänomen wird. Plötzlich tauchen Hit-Girl, Big Daddy (das Alter Ego von Nicolas Cage) und Red Mist (Christopher Mintz-Plasse) auf.
Die Kiste der Pandora wurde geöffnet – und sie ist gefüllt mit Kapuzen, Capes, Waffen und einem völlig falschen Verständnis von „Dienst an der Allgemeinheit“.
Schon lange vor der Premiere des Films gab es heftige Diskussionen über das zarte Hit-Girl, und tatsächlich ist es ziemlich schockierend, der frühreifen kleinen Schwester aus „(500) Days of Summer“ dabei zuzusehen, wie sie mit einem japanischen Schwert, einem Katana, den Kriminellen die Gliedmaßen abschlägt – zumindest am Anfang.
Als sie im lächerlich übertriebenen Finale in bester „Oldboy“-Manier einen ganzen Raum voller Gangster niedermacht, hat man die Elfjährige längst als übersteigerte Ausgabe des typischen Comicbuch-Helden akzeptiert: aus der Tragödie geboren, von einem Mentor unterrichtet, um für Gerechtigkeit zu sorgen, cool aussehend in einem Cape.
Ob man sich für Hit-Girl erwärmen kann oder nicht, ist entscheidend dafür, wie sehr einem die recht gewalttätigen Vorgänge gefallen werden.
„Kick-Ass“ ist definitiv ein Film für Fans, die sich in das Genre gut eingelesen haben – was Vorteil und Nachteil zugleich sein dürfte.
Auf der einen Seite hat der temporeiche und immer wieder sehr lustige Streifen von Regisseur Matthew Vaughn nie das Bedürfnis, innezuhalten und sich selbst zu erklären.
Nachdem Dave schlimm verprügelt wurde, verstärken die Ärzte sein Skelett mit Metall. Jeder, dem die „X-Men“-Serie bekannt ist, versteht sofort, dass diese Prozedur den heranwachsenden Möchtegern-Superman schmerzunempfindlich macht. Das ist so etwas wie eine wissenschaftliche Tatsache im Comicuniversum.
Auf der anderen Seite verweist das Drehbuch von Matthew Vaughn und Jane Goldman auf so viele andere Werke wie eine Bibliographie – es ist so vollgepackt mit Verneigungen vor Comics und Filmen aus der Vergangenheit, dass der Film nie eine eigene Identität entwickeln kann.
Es ist auch nicht sehr hilfreich, dass, wie im Falle von Batman, der Titelheld die am wenigsten interessante Figur ist. Dave ist romantisch in eine Cheerleaderin (Lyndsy Fonseca)verliebt, die ihn für schwul hält (noch mehr Identitätsprobleme), aber dieser Subplot trägt nur noch zusätzlich zu dem - vielleicht gewollt – unausgewogenen Ton des Films bei.
Sich selbst zelebrierend und äußerst zynisch, ehrt und dekonstruiert „Kick-Ass“ die Welt der Superhelden.
Filme wie dieser treffen selbstverständlich nicht bei allen auf Gegenliebe, aber unter frustrierten Capeträgern dürfte „Kick-Ass“ bald Kultstatus erlangen.
Fazit: Angesichts des übertriebenen Hypes rund um diesen Streifen durfte man sich mehr erwarten. Dennoch gute Unterhaltung für Menschen, die keine allzu hohen intellektuellen Ansprüche stellen und gewalttätige Action mögen. Definitiv nichts für Zartbesaitete.
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