Originaltitel: Blood River
Herstellungsland: USA 2009
Regie: Adam Mason
Drehbuch: Simon Boyes, Adam Mason
Darsteller: Andrew Howard, Tess Panzer, Ian Duncan
Der Brite Adam Mason ist einer der zurzeit interessantesten und fähigsten unabhängigen Filmemacher: jedes seiner bisherigen Werke, „Broken“, „The Devil´s Chair“ und nun „Blood River“, beweist, dass er es versteht, mit geringsten Mitteln filme zu realisieren, die in punkto Bildsprache, Effekte und Intensität viel größeren Produktionen in nichts nachstehen. Er ist außerdem einer der wenigen Filmemacher, die es wagen, die Grenzen des gängigen Horrorfilmes zu überschreiten und Neues zu kreieren oder, wie in diesem Fall, verschiedene Genres zu verschmelzen. Anscheinend kümmert er sich wenig um das kommerzielle Potenzial seiner Werke, er dreht lieber Filme, die er selbst gerne sehen möchte – und diese Eigenschaft ist in unserer Zeit leider sehr rar geworden.
„Blood River“, ein vielschichtiger und optisch beeindruckender Film, ist Adam Masons mit Abstand bestes Werk. Die menschenfeindliche Wüstenlandschaft wurde von Kameramann Stuart Brereton, der auch schon bei „The Devil´s Chair“ mit von der Partie war, mit viel Geschick eingefangen und könnte geradezu als vierte Hauptfigur bezeichnet werden. Selten hat eine öde Wüstenei so unheilverkündend gewirkt.
Das glücklich Verliebten Summer (Tess Panzer) und Clark (Ian Duncan) sind auf dem Weg durch die Wüste, um Summers Eltern die frohe Botschaft zu überbringen, dass sie demnächst Großeltern werden. Mitten im Nirgendwo haben sie eine Reifenpanne. Da Clark, der sicher ist, einen Ersatzreifen mitgenommen zu haben, diesen partout nicht finden kann, machen sie sich zu Fuß auf den Weg Richtung Blood River, einer ungefähr fünf oder sechs Meilen von der Unfallstelle entfernten Kleinstadt.
In der Geisterstadt treffen sie auf einen Landstreicher namens Joseph (Andrew Howard), der anfangs hilfsbereit und freundlich erscheint. Sobald er jedoch mit Summer allein ist, klärt er sie über seine wahren Absichten auf: Er ist gekommen, um ein Urteil über Clark zu fällen, der nicht der Mann sein soll, für den ihn Summer hält. Zur gleichen Zeit ist ebendieser auf dem weg zurück zum Wagen, wo er etwas sehr Beunruhigendes im vormals leeren Kofferraum entdeckt.
Mehr über den Inhalt zu verraten, wäre ein Verbrechen. Was „Blood River“ wie auch die anderen Filme von Adam Mason so wirkungsvoll macht, ist der Umstand, dass dem Zuschauer nicht jedes Detail vorgekaut und jede Information auf dem Silbertablett serviert wird. Man wird nicht Schritt für Schritt durch den Plot geleitet, sondern alles, Situationen wie Personen, ist bewusst von einem Schleier der Zweideutigkeit umhüllt, was das Publikum zwingt, eigene Vermutungen anzustellen.
Auf eindeutige Antworten wartet man ebenso vergeblich wie auf eine bequeme Auflösung, aber genau deshalb bleibt die Spannung bis zum Schluss erhalten. Die Anfangssequenzen sind etwas zu lang geraten und das Erzähltempo lässt bis zum Eintreffen von Joseph zu wünschen übrig, aber ab dem Moment des Zusammentreffens der drei Hauptfiguren wird so gekonnt an der Spannungsschraube gedreht, dass diese kleinen Schwächen bald vergessen sind.
Ein so ambitionierter Film mit so einer limitierten Besetzung könnte ohne großartige schauspielerische Leistungen sehr leicht in die Hose gehen. Doch zum Glück liefern alle drei Hauptdarsteller hervorragende Leistungen ab, sicher keine leichte Aufgabe angesichts der enormen Bandbreite an Emotionen, die jeder von ihnen im Laufe des Filmes zu vermitteln hat. Der Waliser Andrew Howard ist perfekt besetzt als mysteriöser „Helfer“ und strahlt in jeder Einstellung Falschheit und Bösartigkeit aus. Die beiden anderen stehen ihm kaum nach, und es ist gerade die Interaktion zwischen den drei Figuren, die verhindert, dass „Blood River“ allzu vorhersehbar wird.
Die „grausigen Sachen“ reichen von sexueller Spannung und psychischer Folter bis hin zu theologischen Drohungen und der Angst vor dem Verdursten – Adam Mason spielt gekonnt auf der Klaviatur der Angst und schafft es auch noch, den Film nicht mit Schockelementen zu überladen.
„Blood River“ ist eher ein Überlebensthriller als ein Horrorschocker und mutet bisweilen wie eine Mischung aus „Lost Weekend“, „Hitcher – Der Highway-Killer“ und „Dust Devils“ an, bietet aber auch genug Zweideutigkeiten und kleine Überraschungen, dass auch dem verwöhntesten Zuschauer nie langweilig wird. Ja, es gibt auch brutale und blutige Sequenzen, aber der Film konzentriert sich mehr auf die unterschwelligen Gefühle zwischen den Figuren und bezieht seine Spannung aus der Situation an sich. Kurz vor dem Abspann versetzt „Blood River“ dem Publikum noch einen gehörigen Schlag in die Eingeweide. Das soll nicht bedeuten, dass der Film mit der Schlusswendung steht und fällt – wie das etwa bei „The Sixth Sense“ oder „Shutter Island“ der Fall ist -, sondern dass einige Charaktere plötzlich in einem anderen Licht erscheinen und einige Erwartungen ad absurdum geführt werden.
Tolle Landschaftsaufnahmen, unheilvolle Musik, ein hervorragendes Drehbuch, das die Spannung immer weiter steigert: „Blood River“ ist ein weiterer Meilenstein in der Karriere von Adam Mason. Leider wird es den wenigsten vergönnt sein, den Film dort zu sehen, wo er seine volle Wirkung entfalten kann – im Kino.
Fazit: Gelungene Mischung aus Überlebensthriller, Horrorfilm und Western, die ihre Spannung vor allem aus den Psychospielchen zwischen den Figuren bezieht. Klug getimte Schocksequenzen, die genial eingefangene bedrohliche Wüstenlandschaft und nicht zuletzt die schauspielerischen Topleistungen helfen mit, „Blood River“ zu einem der besten (Independent)Horrorfilme der letzten Jahre zu machen.
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