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Exam

Sonntag, 13. Juni 2010

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Acht Kandidaten, eine Frage – achtzig Minuten Hochspannung

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Originaltitel: Exam
Herstellungsland: GB 2009
Regie: Stuart Hazeldine
Drehbuch: Stuart Hazeldine
Darsteller: Luke Mably, Aldar Beck, Chris Carey, Gemma Chan, Natalie Cox, John Lloyd Fillingham, Pollyanna McIntosh, Jimi Mistry

Das britische Kino lässt sich im Allgemeinen auf drei völlig unterschiedliche, alles beherrschende Filmemacher reduzieren: Danny Boyle, Noel Clarke und Mike Leigh.

Es ist traurig, aber wenn es sich nicht um ein mittelmäßiges, als der „Wohlfühlfilm der Dekade“ getarntes indisches Drama, einen brutal offenherzigen Film über Jugendliche in der anonymen Großstadt oder eine deprimierende Sozialstudie handelt, dann besteht so gut wie keine Chance, das Projekt auf der Insel realisieren zu können.

Deshalb ist es eine ziemliche Überraschung, wenn quasi aus dem Nichts ein auf das Wesentlichste reduzierter, äußerst intensiver Thriller daherkommt und beweist, dass auch die Untertanen der Queen nervenaufreibendes, adrenalingeladenes Kino vom Feinsten produzieren können.

Räumlichkeiten, in denen Prüfungen abgehalten werden, sind von Haus aus Orte großer Anspannung – vor allem, wenn man sein Schreibgerät vergisst. Doch hier hilft es Ihnen auch nicht viel, wenn Sie einen Kugelschreiber oder einen Füllhalter zur Hand haben – es würde nur irgendjemand versuchen, Ihnen damit in den Hals zu stechen.

Die Prüfung, um die es hier geht, entscheidet darüber, wer den heiß begehrten Job bei einem mysteriösen Unternehmen bekommt, das in der vom Film als düster und nah beschriebenen Zukunft eine wichtige Rolle zu spielen scheint.

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In einem fensterlosen Raum warten acht hochqualifizierte, vor Selbstbewusstsein strotzende junge Menschen, die stark an die Kandidaten aus Reality Soaps in der Art von „The Apprentice“ oder „Der Superpraktikant“ erinnern. Alle scheinen speziell aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft ausgewählt worden zu sein – und mit unterschiedlicher Herkunft meine ich eine Ansammlung der ärgerlichsten Akzente, die man auf die Leinwand oder den Fernsehschirm bringen kann.

Es ist wohl eine kleine Hommage an „Reservoir Dogs“, dass die Kandidaten vom Alpha-Männchen der Gruppe, aka White, Codenamen verpasst bekommen. Deshalb artet es mit White, Black, Brown, Deaf, Blonde, Brunette, Dark und dem einen, den ich schon wieder vergessen habe, in ein ziemliches Puzzlespiel aus, die Herkunft und die Beweggründe der bestenfalls schemenhaften Individuen halbwegs zu ergründen.

„Exam“ beschränkt sich auf einen einzigen Schauplatz, den trügerischen Raum, in dem die Prüfung abgehalten wird, der hinter seiner futuristischen Einfachheit ebenso viele Geheimnisse birgt wie die Leute, die sich in ihm aufhalten. Ohne allzu viel verraten zu wollen, sei nur noch erwähnt, dass die Kandidaten ihre Umgebung (und einander) gründlich unter die Lupe nehmen, um die eine Antwort zu finden, die von ihnen verlangt wird.

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Alles bleibt von Anfang bis Ende im Dunkeln: die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Jedes kleinste Bisschen an Information treibt die Handlung vorwärts, und zwar mit so einem Tempo, dass „Exam“ geradezu als Paradebeispiel für straffe Regiearbeit bezeichnet werden kann und bisweilen sogar Erinnerungen an Hitchcock wach werden.

Stuart Hazeldine inszeniert mit viel Selbstvertrauen und animiert die Darstellerriege zu großartigen Leistungen. Wenn man etwas bemängeln kann, dann den Umstand, dass sich trotz der beengten Räumlichkeit beim Zuschauer nie ein Gefühl von Klaustrophobie einstellt, was vor allem im Hinblick auf das Finale für mehr Dringlichkeit gesorgt hätte. Aber das ist nur ein unbedeutender Makel, denn die kleine Folterkammer birgt genug Geheimnisse, um das Publikum im Unklaren zu lassen bis die Zeit abläuft.

Der wirkliche Test steht diesem Film noch bevor, wenn man bedenkt, dass es sich um einen britischen Film mit geringem Budget und weitgehend unbekannten Darstellern – Jimi Minstry ist so etwas wie der „Star“ - handelt, der sich weigert, Gangster oder Danny Dyer vorkommen zu lassen. Geben Sie „Exam“ eine Chance – Sie werden es nicht bereuen.

Fazit: Ein böser kleiner britischer Independent-Film, der mit jeder Menge Spannung, Gewalt und einer (über-)lebenswichtigen Frage 80 Minuten beste Unterhaltung bietet.

 

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