Eine schlüpfrige Reise in die Roaring Twenties
Originaltitel: Easy Virtue
Herstellungsland: UK 2008
Regie: Stephan Elliott
Drehbuch: Stephan Elliott, Sheridan Jobbins, basierend auf dem Theaterstück von Noël Coward
Darsteller: Jessica Biel, Ben Barnes, Colin Firth, Kristin Scott Thomas, Kimberley Nixon, Katherine Parkinson, Kris Marshall
„Easy Virtue“ basiert auf einem Theaterstück von Noël Coward aus dem Jahre 1925, und der Film müht sich redlich, seine schwerelosen und geistreichen Scherze ins 21.Jahrhundert herüberzuretten. Dieses Bemühen ist erkennbar, aber nicht so deutlich, wie man annehmen könnte; falls es Ihnen gelingen sollte, den auf geradezu lächerliche Weise überbordenden Soundtrack zu ignorieren – ein großes Falls -, dann ist der Streifen eine vergnügliche Spielerei. Dennoch könnten Uneingeweihte zu der Überzeugung gelangen, sie seien in eine satirische Version von „Abbitte“ gestolpert.
Jessica Biel spielt eine amerikanische Pilotin, die den englischen Landadel in helle Aufregung versetzt. Ihre Figur, Larita, hat einen jungenhaften feinen Pinkel namens John Whittaker (Ben Barnes, Prinz Kaspian im letzten „Narnia“-Streifen) geheiratet. Zu beginn des Filmes erscheint sie auf dem Landsitz seiner Eltern ein wie eine glitzernde Besuchern vom Mars.
Mama ist alles andere denn erfreut. Mrs. Whittaker (Kristin Scott Thomas) herrscht über das Haus mit eiserner Hand und kann es gar nicht leiden, wenn forsche Geschiedene ihr widersprechen - und mögen diese auch noch so bezaubernd sein. Ihr Ehemann (Colin Firth), ein abgehalfterter Armeeoffizier, der noch immer darunter leidet, dass er im Ersten Weltkrieg seine gesamte Einheit verloren hat, hält Larita für das Beste, das ihnen in den letzten Jahren widerfahren ist. Und dann gibt es da noch zwei Töchter, die untersetzte (Katherine Parkinson als Marion) und die flatterhafte (Kimberley Nixon als Hilda).
Es entwickelt sich so etwas wie eine Herrschaft/Dienerschaft-Komödie, denn die Amerikanerin versteht sich blendend mit dem zynischen Butler (Kris Marshall) der Familie, aber im wesentlichen dreht sich alles in „Easy Virtue“ um den Konflikt zwischen Mutter und Schwiegertochter und die Pracht des authentisch anmutenden Produktionsdesigns. Besonders die Kostüme stellen alles in den Schatten; eine Aufnahme von Biel in einem durchscheinenden weißen Kleid ist so atemberaubend, dass sie in einer späteren Szene wiederholt wird.
Unter der Regie von Stephan Elliott, der zuvor unter anderem für die Cross-Dresser-Komödie „Priscilla – Königin der Wüste“ und den verrückten Nonsens-Thriller „Das Auge“ verantwortlich zeichnete, findet „Easy Virtue“ nie wirklich einen Rhythmus. Eine Szene, in der Lapita unabsichtlich den Schoßhund der Familie tötet, ist als schwungvolle Farce inszeniert; die Rückblenden zu den Kriegstragödien des Vaters lassen mehr Schwermut aufkommen, als der Film vertragen kann. Eine Nebenhandlung, in der es um das Liebäugeln des reichen Nachbarn (Christian Brassington) mit Mrs. Whittaker und die seit langem im Verborgenen glühende Leidenschaft seiner Tochter für John geht, verläuft mehr oder weniger im Sand.
Jessica Biel ist, allen Bemühungen zum Trotz, der hier an sie gestellten Aufgabe nicht gewachsen. Ihre Darstellung der freigeistigen Amerikanerin erschöpft sich im Grunde darin, dass sie wagemutig eine Zigarette nach der anderen raucht. Die Schauspielerin möchte endlich von ihrem Image als WB-Jugendheldin wegkommen, und bisweilen, etwa in „The Illusionist“ oder dem wenig beachteten Irakkrieg-Drama „Home of the Brave“, gelingt es ihr fast. Es lässt sich jedoch nicht ignorieren, dass sie als Jazzbaby der Roaring Twenties fundamental fehlbesetzt ist. Biel fehlt das Ironie-Gen – beißender Witz ist einfach nicht ihr Ding -, und ohne Ironie wird Noël Coward schal. Grandioses Dekor, und nichts dahinter.
Was bleibt, ist eine großartige darstellerische Leistung von Kristin Scott Thomas als Matriarchin, die verzweifelt versucht, alles und jeden zu kontrollieren, und die verblüffend verschrobene Filmmusik von Stephen Endelman, der frenetischen 20-er-Jahre-Jazz mit solchen Kuriositäten wie einer Dixieland-Version des Discofilm-Klassikers „Car Wash“, die während einer Szene mit einem Traktor erklingt, mischt. Der Abspann wird von einem Hotcha-Remake von Billy Oceans „When the Going Gets Tough, the Tough Get Going” untermalt. Zu diesem Zeitpunkt sind die Harten aber sicher schon nach Hause gegangen.
Fazit: Eine leichtgewichtige Liebeskomödie für laue Sommerabende, die immerhin mit einem ausgefallenen Soundtrack und schönen Kostümen aufwarten kann.
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