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Brothers – Kriegsdrama mit Tobey Maguire und Jake Gyllenhaal

Sonntag, 20. Juni 2010

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Tolle Schauspieler der jüngeren Generation in einem altmodischen Kriegsfilm mit dramaturgischen Schwächen

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Originaltitel: Brothers
Herstellungsland: USA 2009
Regie: Jim Sheridan
Drehbuch: David Benioff, basierend auf dem Drehbuch für „Brodre“ von Susanne Bier und Anders Thomas Jensen
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Natalie Portman,Tobey Maguire, Clifton Collins Jr, Bailee Madison, Sam Shepard, Mare Winningham, Taylor Geare, Carey Mulligan, Omid Abtahi

In den vergangenen Jahren wurden etliche Filme gedreht, die sich mit den US-amerikanischen Kriegen in Afghanistan und dem Irak - zum Teil auch recht kritisch – auseinandersetzten: „In the Valley of Elah“, „The Hurt Locker –Tödliches Kommando“, „The Messenger“, „Grace Is Gone“.

Die meisten konzentrierten sich auf die Heimatfront. Einige wurden von den Kritikern hoch gelobt. Keiner war ein großer Publikumserfolg. Ausnahmslos alle erweckten den Eindruck, als handelten sie von unserer Zeit und diesen beiden Kriegen.

Nicht so „Brothers“.

Obwohl der Urheberrechtshinweis im Nachspann auf 2009 lautet, beschleicht einen rasch das Gefühl, es hier mit einem Überbleibsel aus den 70-er Jahren zu tun zu haben. Mittendrin rechnete ich fast damit, dass Jake Gyllenhaal demnächst in selbst gefärbten Hippieklamotten auftauchen oder Tobey Maguire sich in Bruce Dern verwandeln würde. Es ist alles nur ein Wiederaufwärmen altbekannter Argumente. Man fragt sich unwillkürlich, ob Regisseur Jim Sheridan noch einmal den Widerstand gegen den Vietnamkrieg thematisieren wollte.

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In „Brothers“ erscheinen Jake Gyllenhaal und Tobey Maguire als moderne Ausgaben der biblischen Brüder Kain und Abel; der von Gyllenhaal gespielte Tommy Cahill ist der Ex-Kriminelle, ein hoffnungsloser Versager ohne eigenes Bankkonto, während der von Maguire gespielte ein hochanständiger Captain bei den Marines und hat Frau und Kinder.

Doch dann wird Sam nach Afghanistan beordert, wo er Berichten zufolge bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kommt. Und Tommy steht Sams trauernder Ehefrau Grace (Natalie Portman) hilfreich und tröstend - „vielleicht etwas zu hilfreich und tröstend“ - zur Seite.

Da die Trailer das meiste schon vorweggenommen haben, darf ich an dieser Stelle verraten, dass sich herausstellt, dass Sam nicht getötet wurde, sondern lediglich in Gefangenschaft geriet. Als er nach einiger Zeit in die Heimat zurückkehrt, ist er ein völlig anderer Mann.

Eigentlich ist er gar kein Mann mehr. Er ist eine Figur in einem wenig glaubwürdigen Film.

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Ich kann einfach nicht glauben, dass das Marine Corps so rasch einer Frau mitteilt, dass sie Witwe geworden ist, wenn noch nicht einmal ein Leichnam geborgen wurde, oder dass ein liebender Ehepartner sich innerhalb so kurzer Zeit damit abfindet. (Der Film scheint das selbst nicht akzeptieren zu wollen, denn Sheridan prescht geradezu durch diese Szenen.)

Außerdem ist es schwer vorstellbar, dass dieser Marine während seiner Gefangenschaft – nun gut, auf diese Wendung werde ich nicht näher eingehen. Aber was Sam tut, entspricht so gar nicht seinem Charakter als Mann und als US Marine. Es ist ein falscher und übler Moment, von dem sich der Film nicht mehr erholt.

„Brothers“ wäre in der Tat besser geworden, hätten die Macher den Mut gehabt, Sam bei dem Hubschrauberabsturz ums Leben kommen zu lassen. Dann hätten sie sich mehr auf seine Frau - von Natalie Portman ohne Tiefgang gespielt - und ihre Beziehung zu ihrem erotisch anziehenden Tunichtgut von Schwager konzentrieren können.

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Vielleicht hätte der Film auch mehr auf ihre Schuldgefühle, ihren Zorn und ihre Trauer eingehen und mehr Zeit auf die Schwiegereltern verwenden können, die von Sam Shepard (hervorragend in einem zu kleinen Part) und Mare Winningham (liebenswert, aber gut eine Dekade zu jung für die Rolle) verkörpert werden.

Stattdessen bleibt Sam auf unehrenhafte Weise am Leben und kehrt mit einem Sack voller Lügen nach Hause zurück. Und noch ehe man „Coming Home“ (dt. „Sie kehren heim“) sagen kann, ist es für ihn an der Zeit, die Augen zu verdrehen, im Garten herumzuspazieren und mit der Waffe in der Hand nach Aufständischen zu suchen.

Jim Sheridan ist ein Regisseur, der immer ein Gespür für die Dynamik von Beziehungen und die Anforderungen des Familienlebens gehabt hat. Aber „Brothers“ ist ein recht fragwürdiges Drama. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass man es hier mit einer verspäteten Antwort auf „Die durch die Hölle gehen“ zu tun hat und, was noch viel schwerer wiegt, dass hier einige sehr reale Probleme, etwa posttraumatischer Stress, nicht unter die Lupe genommen, sondern lediglich zu dramaturgischen Zwecken ausgebeutet werden.

Viele Filme haben sich mit dem US-amerikanischen Militär und aktuellen Konflikten auseinandergesetzt; viele haben die diplomatischen Bemühungen und militärischen Strategien in Frage gestellt. Und vielleicht stimmt ja, was manche Analysten sagen, dass nämlich die Generäle immer nur den letzten Krieg noch einmal kämpfen. Aber wann haben Regisseure damit begonnen, das ebenfalls zu tun?

Fazit: Großartige darstellerische Leistungen, vor allem von Tobey Maguire und den Kindern, vermögen nicht über die dramaturgischen schwächen hinwegzutäuschen. Alles in allem sicher einer der schwächsten Kriegsfilme der letzten Zeit.

 

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