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Der weiße Hai 3D: Bitte, lieber Herr Spielberg, gehen Sie nicht zurück ins Wasser

Montag, 7. Juni 2010

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Gibt es etwas würdeloseres, als einen Film von 1975 anzusehen, der mit allerneuesten Effekten aufgemotzt wurde, weil die Macher hoffen, nochmals schamlos an der Kinokasse absahnen zu können?

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„Avatar“ hat sich für einiges zu verantworten, nicht wahr? Sein phänomenaler Erfolg hat nicht nur dazu geführt, dass wir in den nächsten Jahren nicht ins Kino werden gehen können, ohne uns zuvor unförmige und unbequeme 3D-Brillen aufzusetzen; er bedeutet auch, dass nicht wenige Filmemacher daran denken, ihre erfolgreichsten Werke hervorzukramen und sie mit 3D-Effekten zu versehen.

James Camerons Pläne, „Titanic“ in einer 3D-Version nochmals in die Kinos zu bringen, sind durchaus nachvollziehbar – er ist schließlich der Vorreiter und derzeitige Meister der neuen Technologie. Und George Lucas´ Pläne, sämtliche „Krieg der Sterne“-Episoden in 3D nochmals herauszubringen, sind ebenfalls verständlich, denn schließlich ist er George Lucas - und wer weiß schon, was im Gehirn dieses Mannes vor sich geht. Aber als vor nicht allzu langer Zeit in einem Artikel in der LA Times erwähnt wurde, dass Produzent Richard D. Zanuck mit dem Gedanken spielt, Steven Spielbergs „Der weiße Hai“ in eine 3D-Version umwandeln zu lassen, explodierte das Internet. Das war sozusagen der dreidimensionale Tropfen, der das Online-Fass zum Überlaufen brachte.

Empörte Reaktionen erfolgten sofort, sie waren heftig (Dread Central etwa nannte die Idee „geisttötend schlecht“) und, überwiegend, völlig berechtigt. Die bestürzten Reaktionen der Fans auf „Der weiße Hai 3D“ – selbst die vorerst rein theoretische Möglichkeit, dass es irgendwann in der Zukunft „Der weiße Hai 3D“ geben könnte – sollte all denen eine Warnung sein, die ebenfalls damit spekulieren, den momentanen Hype zu nutzen, um mit 3D-Versionen irgendwelcher Klassiker nochmals abzusahnen.

Erstens sehen nachträgliche 3D-Konvertierungen schrecklich aus, was jeder bestätigen wird, der miterleben konnte, wie in „Kampf der Titanen“ Liam Neesons Kopf ungefähr einen Meter hinter seinem Körper zu schweben schien. Zweitens gab es schon einen „Der weiße Hai 3D“-Film (oder zwei, wenn Sie „Der weiße Hai 19 3D“ aus „Zurück in die Zukunft 2“ mitzählen möchten) – und der war miserabel. So miserabel, dass die verschwommenen Bilder eines von einer Granate zerfetzten Haikiefers, der sich auf einem Ozean aus Götterspeise hin und her zu treiben schien, noch immer als die Referenz gilt, wenn es darum geht, die Nachteile dieser Technologie vor Augen zu führen.

Das wichtigste jedoch ist, dass die Filmemacher sich der Bedeutung der definitiven, der endgültigen Version bewusst sein müssen. „Der weiße Hai“ kam 1975 in die Kinos. Jeder weiß, dass „Der weiße Hai“ 1975 in die Kinos kam. Unzählige Erinnerungen sind mit der endgültigen Version von „Der weiße Hai“ aus dem Jahre 1975 verknüpft. Ja, der Film wirkt ein wenig antiquiert, aber schließlich wurde er 1974/75 gedreht. Die Menschen verstehen das.

Stellen Sie sich vor, Richard D. Zanuck hätte jedem noch so kurzlebigen Kinotrend seit 1975 nachgegeben. Dann gäbe es nicht nur eine Version von „Der weiße Hai“; dann gäbe es den Originalfilm „Der weiße Hai“, die von der Neuauflage der „Krieg der Sterne“-Filme inspirierte Version von „Der weiße Hai“, in de ein schlecht gerenderter computeranimierter Hai herumschwimmt, die von der Wiederveröffentlichung der „Tom&Jerry“-Cartoons inspirierte Version, in der alle Zigaretten digital entfernt und durch Kugelschreiber, Karotten und Nähnadeln ersetzt wurden, die von „Apocalypse Now Redux“ inspirierte Version, die 12 Stunden lang ist und hunderte Szenen enthält, die die Handlung nicht vorwärts treiben und keinerlei Wert haben, und zahllose weitere Versionen, an die man nicht einmal denken möchte.

Die wichtigste Lektion, die Filmemacher lernen können und müssen, ist diejenige, dass sie niemals (niemals!!) zurückblicken sollen. An den Werken der Vergangenheit herumzupfuschen, macht sie nicht modern. Einen Film aus dem Jahre 1975 zu sehen, der mit modernsten Effekten aufgemotzt wurde, ist ungefähr so, als würde einen der Vater von der Schule abholen und dabei einen auf junger Hüpfer machen und Mädels anbaggern. Es ist lächerlich und würdelos. Niemand würde sich davon täuschen lassen. Das schlimmste, Sie würden wie ein George-Lucas-Verschnitt wirken. Und das ist schon lange nicht mehr erstrebenswert.

 

 

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