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Nowhere Boy (Review)

Montag, 13. Dezember 2010

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Portrait des Künstlers als junger Musiker

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Originaltitel: Tangled
Herstellungsland: GB/CAN 2009
Regie: Sam Taylor-Wood
Drehbuch: Matt Greenhalgh, basierend auf den Memoiren von Julia Baird
Darsteller: Aaron Johnson, Kristin Scott Thomas, David Threlfall, Josh Bolt, Ophelia Lovibond, Kerrie Hayes, Angela Walsh, Paul Ritter, Richard Syms, Anne-Marie Duff, David Morrissey

Jeder große Künstler beginnt als Kind, auf das niemand hört.

Die Künstler mögen in ihrer Kindheit nicht unglücklich gewesen sein. Sie mögen sehr geliebt worden sein. Aber sie hatten nie das Gefühl, richtig verstanden zu werden. Und Kunst wird ihre Art zu sagen: „Hört mich an!“

Bisweilen schreien sie es auch hinaus, immer und immer wieder.

So war es bei John Lennon der Fall. Er füllte ganze Notizbücher mit Gedichten. Seine Lehrer sagten ihm, er solle aufhören, seine Zeit zu vergeuden. Er begann, die Grundlagen der Musik zu erlernen. Seine Tante Mimi sagte zu ihm, eine Gitarre sei „in Ordnung“, aber „du wirst damit nie deinen Lebensunterhalt verdienen.“

Unzählige großartige Popsongs waren seine Methode, allen Kritikern zu zeigen, dass sie Unrecht hatten.

„Nowhere Boy“ ist der neueste in einer Reihe von Filmen - „Geliebte Jane“, „Coco Chanel - Der Beginn einer Leidenschaft“ -, die uns zeigen, wie der oder die Heranwachsende zum Künstler wurde. Diese spezielle Geschichte beginnt 1955, als Johns Onkel George ihm eine Mundharmonika schenkt; sie endet fünf Jahre später, als John für seinen ersten großen Auftritt mit den Beatles nach Hamburg aufbricht.

Sein Leben hatte sich total verändert. Und die Musikwelt sollte sich bald ändern…

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Falls sie sich auch nur ein wenig für die Beatles interessieren, sind Ihnen die Fakten der Story sicher bekannt – wie Lennons lebensfrohe, aber verantwortungslose Mutter ihn zu ihrer strengen Schwester abschob, damit diese ihn erziehe, und wie Mutter und Sohn Jahre später wieder zueinander fanden, nur um erneut getrennt zu werden.

Zorn und Vergebung, Rebellion und häusliches Leben - das waren die Pole, zwischen denen er für den Rest seines Lebens hin und her schwanken würde.

Der nicht sonderlich geglückte Streifen „Nowhere Boy“ versucht dies zu dramatisieren, was vor allem dank einiger sehr guter Darsteller auch halbwegs gelingt. Obwohl er blaue Augen hat (waren braune Kontaktlinsen zu viel der Mühe?), bekommt Aaron Johnson den Tonfall eines jungen Lennon recht gut hin, ohne dabei in billige „Beatlemania“ Mimikry zu verfallen – er wird vor den Augen des Zuschauers tatsächlich zu dem, der er werden sollte.

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Während Kristin Scott Thomas´ Tante Mimi ein wenig eindimensional ist - sie scheint „Kein Spaß“ auf ihrer Stirn stehen zu haben -, ist Anne-Marie Duffs Julia wunderbar kompliziert. Kokett, zerbrechlich, schamlos unangepasst, ist sie alles das, was eine Mutter nicht sein sollte – und alles, was ihr Sohn in späteren Jahren verehren und betrauern sollte.

Das alles findet sich im Film – doch leider zusammen mit einer Regie, die zeitweise unsicher wirkt und zu unbeholfenen Erfindungen Zuflucht nimmt. (Das liebste Stilmittel von Regisseur Sam Taylor-Wood ist der surreale Traum, immer ein Zeichen dafür, dass man es mit einem Filmemacher zu tun hat, der zu blenden versucht, weil er keine klare Linie hat.)

Die tatsächlichen musikalischen Details sind ebenfalls dürftig, was ein wesentlich größeres Problem darstellt. Es wäre schön, zu sehen, wie es genau ablief, als John und sein neuer Freund Paul McCartney ihre ersten gemeinsamen Songs schrieben. (Und es wäre noch schöner, sähe der junge Darsteller auch wirklich wie der junge Paul McCartney aus.)

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Und selbstverständlich gibt es - vor allem wegen der Zeit, in der der Film spielt, aber auch dank der allenfalls zu zahlenden Tantiemen – in „Nowhere Boy“ keine Musik der Beatles zu hören, sondern nur ein kleines Stückchen von Lennons herzzerreißendem Solo-Song „Mother“ im Abspann.

Aber schließlich waren die Beatles damals auch noch nicht Teil der musikalischen Landkarte. „Nowhere Boy“ erzählt von John, ehe er berühmt wurde - von einer Zeit, als er nur John Winston Lennon aus der Menlove Avenue in Liverpool war. Als er etwas zu sagen hatte, aber niemanden, der ihm zuhören wollte.

Als er – noch nicht - wusste, wie er sich Gehör verschaffen sollte.

Fazit: Bemühte Filmbiographie, die vor allem von den hervorragenden Schauspielern lebt. Beatles-Fans werden sich vor allem an fehlenden Details stoßen, alle anderen wahrscheinlich an etlichen Längen.

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