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Die „Besser als“ Liste für 2010

Samstag, 8. Januar 2011

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„The Social Network“ wird entfreundet, Annette Benning ist die beste Mutter und Todd Solondz´ düstere Satire übertrifft das Stottern eines Königs

the-social-network-unfriend Der allgemeine Konsens ernennt „The Social Network“ zum besten Film des Jahres, aber jeder weiß, dass dem Streifen Kraft und Popularität wirklich allgemein anerkannter Filme wie „Die Faust im Nacken“, „Der Pate“, „E.T.“ oder auch „Der Soldat James Ryan“ fehlen. Die fragwürdige Einmütigkeit in punkto „TSN“ beweist nur, dass die meisten Kritiker und Kinogeher wirklich große Filmkunst nicht von großtuerischen Möchtegern-Werken unterscheiden können. Die diesjährige „Besser als“-Liste bietet eine Gelegenheit, sich davon zu überzeugen, dass das abgelaufene Kinojahr nicht ganz so schlecht war, wie viele meinen, was vor allem dem Independent-Kino und der Renaissance großer Filmkünstler wie Resnais, Bellocchio und Chabrol zu verdanken ist. „The Social Network“ belohnt die Unmoral, aber diese Liste weiß es besser.

Vorsicht Sehnsucht > The Social Network

Alain Resnais schuf einen der beiden besten Filme des Jahres, eine phantasievolle Studie der Eigenartigkeiten unserer Zeit, die weit davon entfernt ist, das High-Tech-Mobbing zu glorifizieren, dass es David Fincher so angetan hat.

Mütter und Töchter > The Kids Are All Right

Rodrigo García erforscht die Bedeutung der Gemeinschaft durch Erfahrungen, die allen Frauen gemein sind (Annette Benning, Naomi Watts und Kerry Washington spielen brillant). Er offenbart wesentlich mehr über Sex, Gemeinschaft sowie lokale und innerfamiliäre Politik als Lisa Cholodenkos oberflächliche, politisch korrekte Lesben-Sitcom.

Vincere > Carlos

Marco Bellocchio, noch immer vital, noch immer relevant, ergründet die Neurosen der Massenhysterie via Film, Oper und sexuelle Anziehung. Das politische Psychodrama „Vincere“ ist einer der beiden besten Filme des Jahres und degradiert Olivier Assayas´ Terroristen-Chic-Streifen zu einem Ereignis zweiten Ranges.

Life During Wartime > The King´s Speech

Todd Solondz, Amerikas schärfster Satiriker, postuliert Nach-9/11-Vergebung und misst die Temperatur des Zeitgeists; es ist der provokanteste Film des Jahres, wohingegen die anglophile Beweihräucherung von Englands George VI am Vorabend des Zweiten Weltkriegs der wahrscheinlich langweiligste Streifen des Jahres ist.

Another Year > The Social Network

Mike Leigh betrachtet das Bedürfnis der Menschen mittleren Alters nach Beziehungen und Verbindungen mit anderen voller Sympathie und Mitgefühl, während Finchers und Aaron Sorkins Drehbuch auf TV-Niveau menschliche Beziehungen auf Machtspiele zwischen Studenten im zweiten Studienjahr reduzieren.

Scott Pilgrim vs. The World > Inception

Edgar Wright findet einen lustigen und visuell aufregenden Weg, die Gedankenwelt seines Helden zu zeigen, während Christopher Nolan das Bild und die Fanboys bis zur Sinnlosigkeit verbiegt.

La fille du RER > Winter´s Bone

André Téchiné den Tawana Brawley-Vorfall nach Frankreich und erzählt eine global bedeutsame Geschichte von den Bedürfnissen Heranwachsender, während „Winter´s Bone“ nur eine kupplerische Hillbilly-Precious zu bieten hat.

Ondine - Das Mädchen aus dem Meer > Black Swan

Neil Jordan zeigt die Bedeutung von Mythen und Glaube in einem romantischen irischen Epos, da visuell so überwältigend ist (photographiert von Christopher Doyle), dass es völlig neu wirkt, während Aronofsky bei „Ekel“ und „Die roten Schuhe“ stielt, um die Unwissenden, Ungläubigen und Überkultivierten zu erschrecken und aufzuregen.

Die Legende der Wächter > Toy Story 3

Zack Snyder ist ein so überzeugender Visionär, dass er auf glaubwürdige Weise Eulen in Stellvertreter für Menschen verwandeln und zugleich das moralischen Sinngehalt der Erzählung bewahren kann; „Toy Story 3“ ist ein Werbespot in Spielfilmlänge für Dummköpfe, die Merchandising mit Kultur verwechseln.

Takers & The Fighter > The Town

John Luessenhop und David O. Russell finden ethnische Vitalität in Genre-Heroismen beziehungsweise Sport- und Straßengeschichte, während Ben Afflecks banale Herablassung nur entwürdigende ethnische und Genre-Sterotype zur Schau stellt.

Easier With Practice > Easy A

Kyle Patrick Alvarez stellt mit viel Gefühl jugendliche sexuelle Gefühle dar, während „Easy A“ das Vermächtnis von „Der scharlachrote Buchstabe“ auf einen faden Teeny-Film reduziert, der Unehrlichkeit und Gier bejubelt.

Please Give > Greenberg

Nicole Holofceners bisher bester Film versteht, dass es nicht ausschließlich um „mich“ geht, während Noah Baumbach seinen eigenen abstoßenden Egoismus kundtut und damit bei bösen Kritikern in aller Welt auf Gegenliebe stößt, zum Glück aber nicht beim Publikum.

Inspector Bellamy > Blue Valentine

Claude Chabrols Sensibilität entdeckt die ganze Bandbreite menschlicher Erfahrung in eines Polizisten Pflichterfüllung gegenüber Ehefrau, Familie und Welt. Der Film berichtigt die unreife Sexbesessenheit von „Blue Valentine“.

City Island > The Social Network

Ja, der Facebook-Film muss noch einmal herhalten, wenn auch nur, um den irrigen Konsens zu zerstreuen, kein anderer Film habe sich mit dem Internet-Phänomen befasst. Ray De Felittas an Emotionen reiche Familienkomödie und Andy Garcias hervorragende Comeback-Performance versinnbildlichen zeitloses, nicht-cyber Interfacing.

P.S.: 2010 bezieht sich auf den offiziellen amerikanischen Kinostart.

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