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Howl – Das Geheul (Review)

Sonntag, 9. Januar 2011

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Howl = Mist

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Originaltitel: Howl
Herstellungsland: USA 2010
Regie: Rob Epstein, Jeffrey Friedman
Drehbuch: Rob Epstein, Jeffrey Friedman
Darsteller: James Franco, Jon Hamm, Mary-Louise Parker, Jeff Daniels, Alessandro Nivola, David Strathairn, Treat Williams, Bob Balaban, Aaron Tveit, Jon Prescott

Nachdem ich letztes Jahr das „Vergnügen“ hatte, auf einem Filmfestival (ich glaube es war die Viennale) „Bright Star“ zu sehen, war ich mir sicher, dass der langweiligste Poesie-Film nun endlich gedreht wurde. Als ich gestern eine Vorstellung von „Howl - Das Geheul“ besuchte, musste ich zu meinem Leidwesen erkennen, dass ich mich geirrt hatte. „Howl – Das Geheul“ ist eine benahe-aber-doch-nicht-ganz Filmbiographie von Allen Ginsberg und konzentriert sich fast ausschließlich auf die Schaffung, die Darbietung und die Konsequenzen seines bedeutenden Gedichts „Howl“ aus dem Jahre 1955.

Da das Gedicht aus vier Teilen besteht und dies ein Independent-Kunstfilm ist, in dem KNVENTIONELLE ERZÄHLSTRUKTUREN SCHLECHT sind, ist der Film ebenfalls in vier Teile unterteilt. Jeder davon ist schlecht, aber aus unterschiedlichen Gründen. Hier sind die Gründe:

howl -1-retrospective-interview Das rückblickende Interview

Es ist der älteste Trick im Buch und einer der wenigen Momente, in denen sich der Film entschließt, wirklich biographisch zu sein. Das Problem ist nur, dass es, wenn man 75% der Zeit damit verbringt, die Konventionen der Filmbiographie zu unterlaufen, seltsam wirkt, wenn man sich die restliche Zeit fast sklavisch an ebendiese Konventionen zu halten. Alle Klischees sind vorhanden und werden korrekt eingesetzt: Der Offscreen-Interviewer, der mit gedämpfter Stimme spricht; der Interviewte, der während des Gesprächs eine Zigarette nach der anderen raucht; die endlosen Bilder einen Spulentonbandgeräts.

howl-2-performance Die Performance

Hier wird uns ein Rückblick auf die berühmte Lesung in der Six Gallery geboten, wo Allen Ginsberg „Howl“ zum ersten Mal öffentlich vortrug. Diese Szenen spielen in der Vergangenheit, weshalb sie natürlich in Schwarzweiß sein müssen. In der Vergangenheit gab es schließlich, wie wir alle wissen, keine Farben. Es würde mich nicht im Geringsten überraschen, hätte James Franco allein wegen dieser Szenen die Hauptrolle übernommen. Hier darf er viel Zeit damit zubringen, ein kultisch verehrtes Gedicht vorzulesen, noch dazu fast ohne Unterbrechungen. Es ist ein Klassiker, ehe er überhaupt den Mund aufgemacht hat. Was könnte da schon schiefgehen?

howl-3-trial Die Gerichtsverhandlung

Diese Szenen, in denen der Prozess eines wegen Obszönität angeklagten Buchhändler, der es gewagt hatte, das Gedicht zu verlegen, aufgerollt wird, sind die einzigen, in denen Franco nicht vorkommt. Wie mutig. Stattdessen bekommen wir eine wahre Parade von Schauspielern (Jon Hamm, David Strathairn, Jeff Daniels, etc.) zu sehen, die allesamt mehr oder weniger gelangweilt ihren Text absondern. Die Genannten porträtieren entweder SCHÄNDLICHE BÖSEWICHTE, die alles zensieren und am liebsten jeden Spaß verbieten möchten, oder FURCHTLOSE HEILIGE ENGEL, die dafür kämpfen, dass das Gedicht auch weiter gedruckt und verkauft werden darf.

howl-4-animation Die Animation

Last and most definitely least kommt der animierte Teil des Films. Dieser furchtbare Sub-Vimeo-Schwachsinn, der weite Strecken von Francos Lesung illustriert, aber auch sonst im Film immer wieder einmal eingestreut wird, lässt den gesamten Film aussehen, als wäre er für 10 Cent gedreht worden (selbst wenn das zuträfe, wäre es keine Entschuldigung). Bisweilen sind die Animationen geradezu schmerzhaft wörtlich, bisweilen sind sie auf gehemmte Weise abstrakt, aber sie sind immer schrecklich und ein weiterer Beweis dafür, dass „Howl“ einer der kunstlosesten Kunstfilme ist, die je gedreht wurden.

Fazit: Eine Quasi-Filmbiographie, die „Seht her, ich bin Kunst!“ schreit, aber nur gekünstelt wirkt.

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