Reales Washington, DC-Drama verkommt zu durchschnittlichem Hollywood-Thriller
Originaltitel: Fair Game
Herstellungsland: USA 2010
Regie: Doug Liman
Drehbuch: Jez Butterworth, John-Henry Butterworth, basierend auf den Büchern von Joseph Wilson und Valerie Plame
Darsteller: Naomi Watts, Sean Penn, Michael Kelly, Ty Burrell, Jessica Hecht, Noah Emmerich, Bruce McGill, Norbert Leo Butz, Rebecca Rigg, Brooke Smith
Es ist einer der spannendsten Momente in Geheimagentenfilmen: Der Moment, in dem der sich tief im Feindesland aufhaltende, perfekt getarnte Spion erkennen muss, dass seine Tarnung aufgeflogen ist und die Bösen hinter ihm her sind.
Aber was, wenn sich plötzlich die eigene Heimat als feindliches Gebiet herausstellt? Wenn die eigenen Leute die Bösen sind?
So muss es jedenfalls plötzlich der langjährigen CIA-Agentin Valerie Plame vorgekommen sein, deren mehr als zwanzig Jahre dauernde Karriere sich über Nacht in Nichts auflöste, nachdem Leute aus dem Umfeld der Bush-Administration sie so ganz nebenbei enttarnten.
Die Absicht war, ihren Ehemann Joseph Wilson, einen ehemaligen Botschafter, zu diskreditieren, der George Bush´s Weißes Haus bezichtigte, vorsätzlich Fakten zu ignorieren, nur um einen Grund zu haben, gegen den Irak Krieg zu führen.
Aber der Kollateralschaden war um einiges größer. Denn nicht nur war Valerie Plame außerstande, je wieder als Agentin zu arbeiten, alle ihre Kontaktpersonen in feindlichen Gebieten wurden ebenfalls zu Zielscheiben.
Naomi Watts spielt Valerie Plame mit vollem Einsatz und stattet die Agentin mit der ihr eigentümlichen Mischung aus persönlicher Verletzlichkeit und mütterlicher Furchtlosigkeit aus. Joseph Wilson – hier als eher laut und polternd selbstgerecht porträtiert – wird von Sean Penn vorzüglich dargestellt.
Sie verleihen dem Film so etwas wie Menschlichkeit, vor allem als die Ehe der beiden Hauptfiguren an den Belastungen zu zerbrechen droht (obwohl es so aussieht, als hätte es in der Beziehung schon vor den Machenschaften der Bush-Administration gekriselt).
Der Film selbst leidet unter noch größeren Problemen. Regisseur Doug Liman kennt Washington wie seine Westentasche – sein Vater war einer der Anklagevertreter während der Iran/Contra-Affäre -, aber seine Kamera wirkt irgendwie verloren und flitzt oft in der vergeblichen Hoffnung, die Schauspieler zu finden, in den Szenen herum.
Die Absicht ist, ein Gefühl für die Willkürlichkeit des Lebens zu vermitteln. Das Resultat steht jedoch in krassem Widerspruch zum Thema des Films. Dies ist ein Film über eine Verschwörung, mit dem Ziel, eine Agenda voranzutreiben – und das ist nicht etwas, das in unüberlegt und in aller Eile passiert. Die Kamerabewegungen müssen langsam und geschmeidig wie diejenigen einer Schlange sein.
Das Drehbuch indes geht allzu sehr auf Nummer sicher.
Der Fall Plame datiert aus der ersten Amtzeit von Präsident George W. Bush; falls wir uns jetzt dafür interessieren sollen, muss es um wichtige, unveränderliche Themen gehen. Aber anstatt aufzuzeigen, dass eine nicht überwachte Exekutive immer korruptionsanfällig ist, gibt sich der Film damit zufrieden, einmal mehr auf G.W. Bush und Dick Cheney loszugehen.
Zugegeben, sie sind übergroße Zielscheiben - aber nicht die einzigen Schuldigen in diesem Fall.
„Fair Game“ verzichtet zum Beispiel darauf, andere, die an der peinlichen und gefährlichen Enttarnung von Frau Plame Mitschuld tragen, anzuklagen, etwa die Medien. Oder zu erwähnen, dass Obamas Justizministerium alles unternimmt, die Versuche von Plame und Wilson, Bush und Cheney zumindest zivilrechtlich zu belangen, zunichte zu machen.
Diese Geschichte beinhaltet eine radikale Lektion darüber, wie die nahezu ewig fortdauernde Regierung sich, ihre Mitarbeiter und ihre Interessen rücksichtslos gegen alles und jeden schützt. Und diese Lektion ist enorm wichtig.
Aber es ist eine, die dieser zu höfliche, zu sehr auf Sicherheit bedachte und selbstzufriedene Film nicht einmal ansatzweise auf die Leinwand bringt – geschweige denn zum zentralen Thema macht.
Fazit: Eine Hollywood-Geschichtsstunde, die einen großen Bogen um die wahren Hintergründe und Probleme macht und so zu einem durchschnittlichen, auf einer wahren Begebenheit beruhenden Thriller verkommt.