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Clive Donner - Ein Nachruf

Freitag, 10. September 2010

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Ein Regisseur, der den Zeitgeist von Swinging London einfing und Klassiker fürs Fernsehen neu verfilmte

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Während der 1960-er war Clive Donner, der vor wenigen Tagen im Alter von 84 starb, nachdem er schon eine ganze Weile an Alzheimer gelitten hatte, für einige Jahre einer der führenden Regisseure des Swinging London. Unglücklicherweise hörte London bald wieder auf zu swingen und damit auch Donners Karriere. Die vier Filme, die ihn international bekannt machten, waren eine mit geringem Budget gedrehte Adaption von Harold Pinters Theaterstück „The Caretaker“ [dt. „Der Hausmeister“] (1963); „Nothing But the Best“ [dt. „Das Beste ist grad´ gut genug“] (1964), eine boshafte Satire auf die britische Klassengesellschaft; die Farce „What´s New Pussycat?“ [„Was gibt´s Neues, Pussy?“] (1965) mit Peter Sellers und Romy Schneider; und „Here We Go Round the Mulberry Bush“ [„…unterm Holderbusch“] (1968), eine Komödie über das Erwachsenwerden.

Obwohl er bereits in seinen 30-ern war, als er mit dem Regieführen begann, erwarb sich Donner einen Ruf als jemand, der im Einklang mit der Jugendkultur war. Sein Erstlingsfilm „The Secret Place“ [„Am Rande der Unterwelt“] (1957), ein Gangsterdrama, das er vor Ort in Londons East End drehte, präsentierte David McCallum als Brando-artigen, Lederjacke tragenden jugendlichen Rebellen.

„The Heart of a Child“ (1958) handelt von einem Jungen und seinem Bernhardiner namens Rudi und spielt in den Alpen. Als sein Vater (ein widerwärtiger Donald Pleasence) den Hund an den lokalen Metzger verkaufen will, läuft das Tier weg. „Rudi, komm heim! Ich werde nicht zulassen, dass sie Dich zu Würsten verarbeiten!“ ruft der kleine weinende Junge.

Donner wurde in West Hampstead, London geboren. Seine Großeltern waren polnische Einwanderer, sein Vater war Konzertviolinist und seine Mutter betrieb einen Kleiderladen. Im Alter von 17 Jahren, nachdem er das Kilburn Polytechnikum verlassen und eine Stelle als Büroangestellter gefunden hatte, begleitete er seinen Vater in die Denham Studios in Buckinghamshire, wo dieser bei Aufnahmesessions für die Filmmusik von The Life and Death of Colonel Blimp” [„Leben und Sterben des Colonel Blimp”] mitwirkte.

clive-donner-002 Michael Powell, der Regisseur des Films, verschaffte dem jungen Mann einen Job in den dortigen Schneideräumen. Donner arbeitete an einigen Filmen mit, ehe er seinen Militärdienst im Royal Army Educational Corps ableistete. Danach sammelte er weitere Erfahrung in den nahegelegenen Pinewood Studios, wo er Filme wie „Scrooge [„Charles Dickens – eine Weihnachstsgeschichte”] (1951), „The Card” [„Der Unwiderstehliche”] (1952) und „Genevieve [„Die feurige Isabella”] (1953) schnitt. Nachdem er seinen ersten eigenen Film gedreht hatte, hielt er sich mit Arbeiten fürs Fernsehen über Wasser, während er darum kämpfte, die Finanzierung für „The Caretaker” auf die Beine zu stellen. Schlussendlich stellte ein Konsortium, dem unter anderem Elizabeth Taylor, Richard Burton, Noel Coward und Peter Sellers angehörten (jeder von ihnen zahlte je mindestens 1000 Pfund ein), die benötigten Mittel zur Verfügung.

Mit den Hauptrollen wurden Alan Bates und Donald Pleasence betraut, die diese Rollen auch schon auf der Bühne gespielt hatten, und der Film gewann den Silbernen Bären bei den Filmfestspielen von Berlin im Jahre 1963. Obwohl der auf klaustrophobisch-komische Weise bedrohlichen Atmosphäre des Theaterstücks treu, konnte es der Streifen dank Donners gekonnter Nutzung von Nahaufnahmen und der genialen Schwarzweiß-Photographie von Nicolas Roeg vermeiden, als gefilmtes Theater zu erscheinen.

In dem von Frederic Raphael geschriebenen „Nothing But the Best” spielte Bates die Rolle eines opportunistischen jungen Angestellten, der alles daransetzt, in die Oberschicht aufzusteigen. Von Denholm Elliott, einem heruntergekommenen Gentleman, lernt er, sich wie ein feiner Pinkel zu benehmen. Von Roeg in grellen Farben aufgenommen, spiegelt der Film den hohlen Glanz der 60-er Jahre.

„What´s New, Pussycat?“ wird von dem eingängigen, gleichnamigen, von Burt Bacharach geschriebenen und von Tom Jones gesungenen Lied eingeleitet und ist eine wilde, undisziplinierte Sexkomödie, in der Peter Sellers einen verrückten Psychiater spielt. Daneben gibt es jede Menge attraktiver Damen, darunter Romy Schneider, die von dem lüsternen Peter O´Toole „Pussycats“ genannt werden. Woody Allen, der das Drehbuch schrieb und in diesem Film erstmals vor der Kamera stand, hasste den Streifen und behauptete, man hätte sein Skript vergewaltigt. „What´s New, Pussycat?“ spielte sehr viel Geld ein und war Donners größter Hit.

Sein nächster Film - „Luv“ (1967) - wurde sein größter Flop. Nach dem großen Erfolg von „What´s New, Pussycat?“ international sehr gefragt, wurde Donner nach Hollywood eingeladen, wo er diese Adaption von Murray Schisgals Dreipersonenstück mit Jack Lemmon, Peter Falk und Elaine May in den Hauptrollen inszenierte. Regie und darstellerische Leistungen wirkten uninspiriert und bleiern, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen war, dass das Stück auf geradezu desaströse Weise für die Leinwand erweitert und worden war.

Für sein nächstes Projekt, die Komödie „Here We Go Round the Mulberry Bush“, kehrte Donner nach Großbritannien zurück. Der Film spielt in Stevenage, einer neuen Stadt in Hertfordshire, und handelt von dem 17-jährigen Barry Evans, der noch Jungfrau ist und verzweifelt versucht, in der seit kurzem sexuell viel aufgeschlosseneren Gesellschaft zum Schuss zu kommen. Der Streifen, der heutzutage ziemlich veraltet wirkt, wird demnächst auf DVD veröffentlicht und führt dem geneigten Seher viele der Moralvorstellungen, Moden und musikalischen Ereignisse der damaligen Zeit vor Augen.

„Alfred the Great“ [„Alfred der Große – Bezwinger der Wikinger“](1969) war ein ambitionierter Versuch, in die Vergangenheit zu entfliehen, obwohl David Hemmings den König aus dem 9. Jahrhundert ganz ähnlich anlegte wie den trendigen Photographen aus „Blow Up“. Michael York spielte den brutalen Wikinger Guthrum. Das Epos kam weder bei den Kritikern noch beim Publikum besonders gut an, doch immerhin ermöglichte es Donner, die gebürtige Australierin Jocelyn Rickards kennenzulernen, die die Kostüme für diesen Film entwarf. Die beiden heirateten kurz darauf und blieben bis zu ihrem Tod im Jahre 2005 zusammen.

Bis Mitte der 1990-er Jahre blieb Clive Donner als Regisseur von Werbespots und Fernsehfilmen aktiv, wobei er immer wieder einmal zum Kinofilm zurückkehrte. Die Fernsehfilme waren zumeist Remakes besserer Filme, darunter „Oliver Twist“ und „A Christmas Carol“ [„Charles Dickens´ Weihnachtsgeschichte“]. „Rogue Male“ (1976) jedoch, ein Remake von Fritz Langs „Man Hunt“ [„Menschenjagd“], war eines von Donners besten Werken – und sein liebstes. Hervorragend inszeniert und großartig geschrieben, wiederum von Raphael, handelt der Streifen von einem Aristokraten (Peter O´Toole), der Hitler ermorden möchte, ehe der Krieg unvermeidlich wird.

Die Spielfilme waren sehr unterschiedlicher Art: eine Dracula-Parodie, „Vampira“ (1974), mit einem blutlosen David Niven, dessen Schloss von Playboy Bunnies übernommen wurde; „The Nude Bomb“ [„Die nackte Bombe“] (1980), ein Spin-Off der Serie „Get Smart“ aus den 60-er Jahren; der peinliche „Charlie Chan and the Curse of the Dragon Queen“ [„Charlie Chan und der Fluch der Drachenkönigin“] (1981) mit Peter Ustinov in der Rolle des orientalischen Detektivs; und „Stealing Heaven“ [„Zeit der Dunkelheit“](1988) eine mit Weichzeichner aufgenommene erotische Variante der Geschichte von Heloise und Abelard aus dem 12. Jahrhundert.

* Clive Stanley Donner, Filmregisseur, geboren am 21. Jänner 1926; verstorben am 6. September 2010.

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