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Die Filme des Sommers 2010 - Lektionen aus dem Multiplex

Montag, 13. September 2010

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Das Labour-Day-Wochenende (4. – 6. September), an dem traditionell die Kinosommersaison endet, liegt bekanntlich schon hinter uns, weshalb es angebracht scheint, Rückschau zu halten. „Machete“, „The American“ und „Going the Distance“ [„Verrückt nach Dir“] waren sozusagen die letzte Salve an der Kinokasse. Von jetzt an gibt es bis zu Halloween und den Feiertagen vor Weihnachten nur noch Reste und „anspruchsvollere“ Filme zu sehen.

Es ist wie das Aufbrauchen der letzten verderblichen Lebensmittel im Ferienhaus. Hey, möchtest Du noch etwas „Resident Evil 3D“-Eintopf? Wie wäre es mit ein wenig „Somewhere“-Aufstrich?

Auf Wiedersehen, Warmwetterkino 2010.

Dich wären wir endlich los!

Jedes Jahr beschweren sich die Filmfans über einen Mangel an interessanter und origineller Unterhaltung. Und jedes Jahr haben sie Recht.

Aber das diesjährige Mai-bis-September-Festival wirkte wie ein Todesmarsch, in dessen Verlauf die Filmliebhaber jeden Freitag erwartungsvoll nach etwas Sehenswertem Ausschau hielten - und nur Plakate für „Duell der Magier“ fanden.

Oder für „Kiss & Kill“.

Oder für „Kindsköpfe“.

Es stimmt schon, der Sommer ist traditionell die Zeit für Popcorn-Filme – riesige Superheldengeschichten, kitschige romantische Komödien und eskapistische Abenteuerfilme. Und an solch seichten Vergnügungen ist grundsätzlich nichts auszusetzen; es bedarf wirklich vieler sehr gescheiter Leute, um einen unterhaltsam anspruchslosen Film zu machen.

mickey-rourke-iron-man-2-sommerkino Aber selbst dieses verlässliche Warmwetter-Schmankerl schien heuer für Hollywood nicht machbar zu sein.

Der große Comicbuch-Film des Sommers war „Iron Man 2“ – und, Hand aufs Herz, können sie sich noch an irgendetwas anderes als an Mickey Rourkes elektrische Peitschen erinnern?

Der große Frauenfilm des Sommers war „Sex And The City 2“ – oder sollte es sein. Aber er brachte nicht mehr zuwege, als idiotischerweise Manhattan gegen den Mittleren Osten zu tauschen und seine vier Heldinnen in posierende Drag Queens zu verwandeln.

Und was soll man zu den eskapistischen Abenteuerfilmen sagen? Hatte es nicht den Anschein, als teilten sich „Kiss & Kill“, „Knight and Day“ und „Salt“ ein und dasselbe Drehbuch? Nur dass „Kiss & Kill“ die ganz schlechten Seiten abbekam, die die beiden anderen nicht wollten?

Nein, der Sommer des Jahres 2010 war der Sommer unserer Unzufriedenheit, ein Popcornbecher voller Blindgänger, ein supersized Cola ohne Kohlensäure. Aber aus diesen vielen Pleiten kann man durchaus für die Zukunft lernen – und vielleicht ist es an der Zeit, dass Hollywood einen Blick zurück riskiert, ehe es weitermacht wie bisher.

Lektion: Zu große Vertrautheit führt zu Geringschätzung.

DER SOHN DER RÜCKKEHR DES REMAKES, TEIL 2

„Können sich die in Hollywood denn nichts Originelles mehr einfallen lassen?“ fragen viele Fans, die gerade aus der neuesten uninspirierten TV-Neuauflage, der aktuellsten Fortsetzung oder irgendeinem überflüssigen „Re-imagining“ kommen.

Natürlich könnten sie das. Aber es würde zuviel Geld kosten.

Heutzutage ist der größte Kostenfaktor bei den meisten Studiofilmen nicht mehr der Superstar oder der exotische Drehort oder die überwältigenden Spezialeffekte. Es ist das Marketing.

Und da sich bei der Werbung alles darum dreht, A) den Leuten ein Produkt vorzustellen und B) sie davon zu überzeugen, kann man sehr viel Zeit und Geld sparen, wenn man gleich zu Punkt B übergehen kann.

Warum sollte man „Das A-Team“ drehen, einen Film, der auf einer Fernsehserie basiert, die vor annähernd vierundzwanzig Jahren eingestellt wurde – lange bevor ein Großteil des Zielpublikums überhaupt geboren war?

Ganz einfach, weil genug von dieser Show in unser kollektives Popkultur-Gedächtnis übergegangen ist, damit es nicht mehr nötig ist, den Leuten zu erklären, worum es dabei geht. Man konnte sich in der Werbung auf „Sehen Sie sich das an!“ konzentrieren.

Was dem Film übrigens in keinster weise geholfen hat, denn er war ein ziemlicher Mist - und so laut und so hektisch geschnitten, als wäre er in einem Mixer hergestellt worden. Aber es erklärt, warum er überhaupt gemacht wurde.

Selbstverständlich können Remakes funktionieren, sofern die Filmemacher einen neuen Aspekt einbringen oder sonstwie anders an die Sache herangehen. (Wie zum Beispiel im Falle des trashigen, aber auf jeden Nonsens verzichtenden „Predators“.)

Sie können auch zu einer ungeheuren Katastrophe werden, wenn die Filmemacher den Stoff auf eine so neue und unkonventionelle Art präsentieren, dass das Publikum mit Befremden darauf reagiert. (Wie im Falle von „Robin Hood“, in dem der beliebte verwegene Kerl als schmutzigster und am wenigsten heiterer Mann überhaupt dargestellt wurde.)

Aber wenn der ursprüngliche Film auch nur halbwegs erfolgreich war – und Sie nichts hinzuzufügen haben -, dann halten sie sich bitte davon fern.

jonah-hex-megan-fox-josh-brolin-sommerkino NICHT ALLE COMICBÜCHER SIND GLEICHWERTIG

Der enorme Erfolg von den auf Batman, Spider-Man und ihren Superfreunden basierenden Filmserien hat die Studios dazu veranlasst, jeden noch so kleinen Comicbuchladen auf der Suche nach dem nächsten großen Superhelden in Strumpfhosen zu durchforsten.

Der Gedanke war, dass diese Comicbücher viele Fans haben, über ein klares Konzept verfügen und gleich als vorläufige Storyboards für die Filme dienen können. Also wird das auch auf andere Comics zutreffen.

Und genau das ist ein Irrtum, denn der Erfolg von Batman, Superman und Co. ist darauf zurückzuführen, dass sie von allem Anfang an gut geschriebene Charaktere waren. Es gab klar definierte persönliche Konflikte und rasante Erzählungen. Doch dies scheinen die Studios nicht verstehen zu wollen.

Wie sonst ließe sich „Jonah Hex“ erklären?

Nicht jedes Comicbuch muss verfilmt werden, und dieser Kultcomic ist hinreichend Beweis dafür. Sein Held – ein mit Narben bedeckter, sadistischer Rächer aus den Reihen der konföderierten Armee – war nicht gerade sympathisch. Die Mischung aus Cowboy-Ambiente und Science-Fiction-Technologie erinnerte an den (noch schrecklicheren) Streifen „Wild Wild West“.

Aber es handelte sich nun einmal um eine Graphic Novel und für diesen Sommer waren noch nicht viele Superheldenfilme angesetzt. Und ein Comicbuch ist so gut wie das andere, nicht wahr? Das Studio sah eine Lücke und füllte sie.

Aber man hätte diese Lücke besser zubetoniert und einen Grabstein darauf gesetzt, denn der Film war tot, ehe er in die Kinos kam.

Lektion: Große Comicbuch-Helden garantieren nicht Erfolg, weil sie aus Comicbüchern stammen. Sie garantieren Erfolg, weil sie große Helden sind.

3D KANN EINDIMENSIONAL SEIN

Als die Studios das letzte Mal auf 3D setzten, verloren sie gerade massenhaft Zuschauer ans Fernsehen; nun verlieren sie sie ans Internet und an Videospiele. Aber die Strategie bleibt dieselbe: Bieten wir den Leuten etwas, das sie zu Hause auf ihren Bildschirmen nicht haben.

Doch – Überraschung! - die Studios wurden gierig und noch dazu faul. Und das war noch nie eine erfolgreiche Geschäftsstrategie.

Die Gier kam auf, als die Verantwortlichen auf die Idee kamen, sie könnten für die 3D-Erfahrung einen Aufpreis verlangen – zumeist €3 bis €5 mehr pro Ticket. Dieses herrliche kleine Gimmick war gefundenes Geld – und ein nettes Polster in Zeiten rückläufiger Zuschauerzahlen.

Nur dass dies unfair war und dazu führte, dass Umfragen zufolge mittlerweile viele Kinogeher 3D ablehnen.

Das hängt damit zusammen, dass mittendrin die ökonomischen Regeln des Spiels geändert wurden; bis vor kurzem hatte der Preis einer Eintrittskarte nichts oder nur sehr wenig mit dem Budget des gezeigten Filmes zu tun. Ob es sich um eine Billigproduktion von Roger Corman oder ein Epos von David Lean handelte, der Eintrittspreis war immer derselbe.

Es sollen damit die erhöhten Kosten der Kinobetreiber abgedeckt werden? Eine kaum bessere Ausrede. Falls sie das selbst austesten möchten, können Sie je bei Ihrem nächsten Kinobesuch Ihre eigene 3D-Brille mitbringen und versuchen, eine Ermäßigung herauszuschlagen. Nein, die erhöhten Preise sind lediglich Ausdruck von Gier.

lastairbender-dev-patel Die Faulheit setzte ein, als die Studios, wohl aus einer Kombination von Kostenersparnis (in 3D zu drehen ist teuer und mühsam) und Panik (aber alles ist heutzutage in 3D!) daran gingen, ihre herkömmlich gedrehten Filme mit Hilfe von Computereffekten nachträglich zu konvertieren.

Das Resultat? Die billige Trickserei von „Die Legende von Aang“, bei dem die 3D-Effekte offensichtlich ein nachträglicher Einfall und noch dazu schlecht ausgeführt waren. Was - wovor echte 3D-Anhänger wie Jeffrey Katzenberg gewarnt haben – Publikum und Filmemachern die ganze Technologie verleidet.

Vielleicht hat Hollywood die Gans, die goldene Eier legt, noch nicht getötet – aber man hat ihr schon sehr viele Federn ausgerupft.

Lektion: Falls 3D der Handlung keine zusätzliche Dimension verleiht, ist keine andere Dimension von Bedeutung.

Natürlich war nicht alles schlecht. Immer wieder einmal tauchte ein kleiner Independent-Film auf und schaffte es, eineinhalb Stunden lang ohne Autoverfolgungsjagden, sprechende Leichname oder dämliche Zweideutigkeiten von Kim Cattrall zu unterhalten.

Bleibt nur zu hoffen, dass der Kinoherbst Besseres zu bieten hat…

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