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Der letzte Exorzismus (Review)

Dienstag, 5. Oktober 2010

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Könnte es wirklich…der Teufel sein?

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Originaltitel: The Last Exorcism
Herstellungsland: USA 2010
Regie: Daniel Stamm
Drehbuch: Huck Botko, Andrew Gurland
Darsteller: Patrick Fabian, Ashley Bell, Iris Bahr, Louis Herthum, Caleb Landry Jones, Tony Bentley, Shanna Forrestall, Justin Shafer

Ziemlich am Anfang von „Der letzte Exorzismus“ prahlt Reverend Cotton Marcus (Patrick Fabian), ein gut aussehender und charismatischer Prediger aus Baton Rouge, gegenüber einer Dokumentarfilm-Crew, dass er, wenn er einer Kirchengemeinde erst einmal so richtig eingeheizt hat, nichts Sinnvolles mehr sagen muss. Um den Beweis zu erbringen, beginnt er, während seiner nächsten Predigt irgendwelchen Unsinn über Bananenbrot vom Stapel zu lassen.

Die Köpfe hinter „Der letzte Exorzismus“ (man kann den Produzenten Eli Roth getrost dazuzählen) glauben anscheinend, dass Horrorfans kaum intelligenter als religiöse Wirrköpfe sind: man muss sie nur mit Hilfe von geschlachteten Tieren und Dämonen in eine Art Rauschzustand versetzen und schon spielt es keine Rolle mehr, was danach noch kommt, denn sie werden „Amen“ schreien, egal ob man ihnen etwas Gehaltvolles oder nur sinnloses Geplapper bietet.

Der Film wird als gefundenes Bildmaterial präsentiert (ein Gimmick, das erstmals bei „Cannibal Holocaust“, Eli Roths Lieblingsfilm zum Einsatz kam und seit „Blair Witch Project“ allzu häufig als Aufhänger benutzt wird). Der Gegenstand der Dokumentation ist Cotton Marcus, der nicht nur erfolgreich predigt, sondern auch Exorzismen vornimmt. Der Twist hier ist, dass er nicht daran glaubt. Das hält ihn freilich nicht davon ab, Geld anzunehmen, um bei allem Abhilfe zu schaffen, das auch nur im Entferntesten nach dämonischer Besessenheit riecht. Er sieht die von ihm gebotene Dienstleistung pragmatisch und macht sich keinerlei Gedanken über Erlösung und Wiedergutmachung, bis er durch die viel zu frühe Geburt seines Sohnes und den Tod eines Kindes während eines von einem anderen Prediger durchgeführten Exorzismus wachgerüttelt wird.

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Marcus entschließt sich, seinen letzten „falschen“ Exorzismus als dokumentarisches Mea Culpa zu filmen. Nachdem er einen Jesus-Fisch auf sein Auto geklebt hat, begibt er sich auf die Farm des alkoholkranken christlichen Fundamentalisten Louis Sweetzer (Louis Herthum), der felsenfest von der Besessenheit seiner Tochter Nell (Ashley Bell) überzeugt ist. Mit Hilfe diverser Spezialeffekte (inklusive versteckter Lautsprecher, die unirdische klänge von sich geben) „befreit“ Marcus das Mädchen von dem Dämonen und streicht das Geld ein. Doch sehr bald stellt sich heraus, dass mit Nell irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung ist.

Was uns zu den obligatorischen und antiquiert wirkenden Besessenheitsszenen führt. Nell wandert auf gruselig und verstörend herum. Sie verdreht den Kopf auf menschenunmögliche Weise und attackiert Tiere und Menschen. Das ist alles ziemlich gewöhnlich und auch sehr durchschnittlich gemacht – und deshalb vermag sich auch der Film nicht über das Durchschnittsmaß zu erheben. Was schade ist, denn „Der letzte Exorzismus“ deutet mitunter an, dass er wesentlich besser sein könnte oder zumindest etwas Interessantes zu den Themen religiöser Fundamentalismus und Problemfamilie zu sagen hätte.

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Die Bausteine sind alle vorhanden: Marcus´ Wunsch, für die jahrzehntelangen Schwindeleien Buße zu tun, die völlig verkorksten Sweetzers, bedeutsame Fragen über den Preis spirituellen Trosts, der auf billige oder unaufrichtige Weise gespendet wird.

Aber trotz großteils guter darstellerischer Leistungen (besonders von Fabian, der das Publikum sehr schnell auf seine Seite zieht) und der sich langsam, aber stetig aufbauenden Spannung hat man das Gefühl, dass sich die Dinge eher auseinander entwickeln anstatt zu einer Einheit zu verschmelzen. Es ist fast so, als hätten Regisseur Daniel Stamm und seine Crew bemerkt, dass sie verdammt nahe daran sind, einen Film mit echtem Tiefgang sowie Ecken und Kanten zu machen, der dem typischen Horrorfan möglicherweise missfallen könnte, und sich entschlossen, sich auf sichereres Terrain zu begeben.

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Das erklärt wohl auch die finale Sequenz, in der auf so spektakuläre Weise all das potenziell stimulierende Material der vorangegangenen 86 Minuten ad absurdum geführt wird. Es mögen einmal ein guter und ein schlechter Film um die Seele von „Der letzte Exorzist“ gekämpft haben, aber in den letzten Momenten gewinnen ganz eindeutig die dunklen Mächte. Und so ist „Der letzte Exorzist“ nur ein weiterer in einer langen Reihe von Filmen, die beweisen, dass man, wenn man sich mit „Der Exorzist“ zu messen oder auch nur dessen Geist anzurufen wagt, unweigerlich scheitern wird.

Fazit: Ein leidlich spannender Film, dessen gute Ansätze durch das beleidigend schwache Finale, zunichte gemacht werden.

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