Ein Horrorfilm mit Biss, aber das wussten Sie sicher schon
Originaltitel: Piranha
Herstellungsland: USA 2010
Regie: Alexandre Aja
Drehbuch: Pete Goldfinger, Josh Stolberg
Darsteller: Elisabeth Shue, Ving Rhames,Richard Dreyfuss, Christopher Lloyd, Eli Roth, Jerry O´Connell, Steven R. McQueen, Dina Meyer, Kelly Brook, Jessica Szohr, Adam Scott
Gerade als Sie glaubten, es wäre ungefährlich, wieder ins Kino zu gehen…
Das 3D in „Piranha 3D“ bedeutet, dass Objekte knapp vor Ihrem Gesicht schweben werden. Da es sich bei vielen dieser Objekte um nackte Brüste handelt, könnte man 3D beinahe für eine neue Körbchengröße halten. (Die falschen harmonieren gut mit den Plastikbrillen.) Das meiste Vergnügen bereiten mit Sicherheit die Gruppen von jungen Männern, die auf dem weg aus dem Kino über ihre eigenen Beine stolpern und meinen: „Hey, ich konnte sie beinahe berühren.“
Dieser Film ist ungefähr das, was heutzutage als Lapdance für Minderjährige durchgeht. „Piranha 3D“, nominell ein Remake von Joe Dantes Naturthriller aus dem Jahre 1978 mit unnähernd demselben Titel (Drehbuch von John Sayles!), versammelt eine Auswahl an widerwärtigen und genießbaren Charakteren für computergenerierte Fressattacken. Der Plot ist nebensächlich. Junge Leute. Boote. Mmm.
Die Namen von Elisabeth Shue, Ving Rhames und Jerry O´Connell, der die mit Abstand schlechteste darstellerische Leistung des Jahres abliefert (gebt dem Mann eine Goldene Himbeere!), tauchen im Vorspann vor denjenigen von jüngeren Schauspielern auf, die Ihnen mit Sicherheit unbekannt sind. Christopher Lloyd trägt einen schmalen Schnurrbart und erklärt die mutierten Fische ausschließlich unter Verwendung von Ausrufezeichen: “This particular piranha vanished off the face of the Earth more that two million years ago!’’ [„Dieser spezielle Piranha verschwand vor zwei Millionen Jahren von der Erdoberfläche!”]
„Piranha 3D“ scheint ein Symptom der Wirtschaftskrise zu sein – und wie könnte es auch anders sein? Diese Schauspieler haben schließlich auch Rechnungen zu bezahlen. Shue spielt den weiblichen Sheriff der Kleinstadt. Sie ist außerdem die Mutter unseres langweiligen Helden (Steven R. McQueen, Steves Enkel, der leider so gar nichts von seinem Ahnen geerbt zu haben scheint) und zweier flachsköpfiger Kinderdarsteller, die so unsympathisch sind, dass man sie am liebsten selbst den Fischen zum Fraß vorwerfen würde. Nachdem Miss Shue den ersten zerfleischten Leichnam aus dem verdreckten Lake Victoria gezogen hat („Der weiße Hai“ lässt grüßen, es ist der von Richard Dreyfuss), spielt sie mit dem Gedanken, den See sperren zu lassen. Aber Deputy Rhames macht sich eher Sorgen um die Einnahmen der Stadt. Es ist schließlich Spring Break [Frühlingsferien]. Ein Team von Seismologen ist vor Ort und ein Boot, auf dem Internet-Pornos gedreht werden, fährt über den See. Falls es Sie danach gelüstet haben sollte, zwei nackte junge Frauen dabei zu beobachten, wie sie zu den Klängen von Léo Delibes´ Oper „Lakmé“ in einer Art Unterwasserballet ihre Brüste aneinander reiben, dann sind Sie der kultivierteste Abonnent des Penthouse-Magazins.
Das Kernstück des Films ist ein Massaker bei einem Wet-T-Shirt-Bewerb, dessen Inszenierung Alexandre Aja sichtlich Vergnügen bereitete (Ja, Eli Roth, wir sehen Dich mit der Spritzpistole). Aber es wirkt wie eine Imitation von Exploitationfilm–Strandmüll und John Waters. Dem visuellen Humor fehlen Geist und Mut. Eine Aufnahme des im Wasser dahintreibenden Penis wäre lustiger gewesen, hätte der Film einen Witz drumherum konstruiert. So ist er nur ein weiteres schwebendes digitales Requisit. Die hassenswerte letzte Einstellung ermöglicht es Aja, wieder zuzuschlagen, vielleicht an einem anderen Schauplatz. Ein Film, der so stark auf halbwüchsig-schmutziges Gedankengut fixiert ist, wird sich wohl kaum die Chance entgehen lassen, am Titicaca-See zu drehen.
Fazit: Ein substanzloses, leicht sadistisches Vergnügen für alle, die von einem Film nicht mehr erwarten als viel nackte Haut, einige lahme Gags und abgetrennte Glied-Maßen.
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